Samstag, 10. September 2022

Nach dem Camino ist vor dem Camino

 Genau vor einem Jahr war ich unterwegs auf dem Pilgerweg nach Rom. Am 10. September kam ich mit meinem neuen Pilgerfreund Benjamin in Assisi an und blieb da zwei Tage, um auf Holger zu warten. Mit ihm wollte ich den Romweg beenden.


 

Ein Jahr später kommen wir gemeinsam in Paris per Zug an. Vom Bahnhof laufen wir zum Busbahnhof Bercy, um mit dem Flixbus nach Orleans zu fahren.





     


 Auf dem Weg dahin finden wir die erste Boulangerie und beißen in das erste pain aux Chocolade. Dazu ein starker Café aux lait und die müden Knochen werden wach.


Am Seineufer treffen wir auf das ganze Elend der Flüchtlingskrise. Hier sind jede Menge desolate Zelte aufgebaut in dem Afrikaner hausen. Auf Plakaten steht,  dass der Staat beschlossen hat, sie auf der Straße zu lassen. Mitten in Europa darben Kinder  auf ausrangierten Matratzen und blicken starr ins Leere. Wie ist das möglich? Ich schäme mich und es macht mich traurig. In Stuttgart war ich über die vielen Obdachlosen entsetzt  die in Bahnhofsnähe campierten, aber dass hier ist eine andere Dimension! Gibt es wirklich keine Lösung?



     Links die Spitze vom Tour Eiffel, rechts Notre Dame

Der Flixbus fährt pünktlich ab und kommt pünktlich in Orleans an.

Wir laufen zu unserem Appartement, doch wir dürfen erst 17 Uhr rein. Also erkunden wir kurz die Altstadt und in der kleinen Kirche Saint Paterne finde ich diesen schönen Altar.


 

Die herrlichen Blumenrabatten in den Straßen begeistern mich immer wieder.



Wir laufen zur Kathedrale Saint Croix d' Orleans, welche durch ihre schiere Größe beeindruckt.




Zurück am Apartment erfahren wir, dass es storniert wurde, wegen Überbuchung! Wie bitte?! Vor 30 Minuten!!! Das fängt ja gut an. Holger telefoniert mit booking und beschwert sich lautstark. Sie bieten uns ein anderes an. Weiter außerhalb, viel kleiner, caro einfach, dafür aber 50€ teurer. Wir nehmen es, ehe wir lange suchen. Die Differenz, kündigt Holger der Dame an, wird er einfordern.

Egal, wir ziehen ein, essen etwas und legen die Beine hoch. Wir sind recht müde, war doch die letzte Nacht sehr kurz.

Wir wollen morgen die Stadt erkunden, um dann am Montag auf dem Jakobsweg "Via Tourensis" zu pilgern und wieder einmal dem Muschelsymbol folgen. Dieser Weg ist einer der drei Hauptpilgerwege durch Frankreich und verläuft von Paris nach Bordeaux, um von da nach Saint Pied de Port zu führen.



Drei Wochen Urlaub liegen vor uns. Wir haben nichts gebucht, wollen uns treiben lassen und schauen, wie weit wir kommen. Holger hat zwar schon viele Abende am PC gegoogelt und geschaut und es geschafft nichts fest zumachen. Dafür bin ich ihm sehr dankbar, denn ich möchte spontan sein dürfen, mich nach der jeweiligen Form entscheiden, wann Schluss ist. Ich bin gespannt, wie es sich anfühlt - dieses Pilgern, in für mich kleinem Zeitraum. Die Franzosen nennen es "Salamitaktik"- Pilgern in Scheibchen.

Bisher brauchte ich ein, zwei Wochen, bevor ich voll im Pilgermodus war. Dann fühlte ich die Freiheit, den eigenen Takt und die Unendlichkeit der Zeit.

Diesmal habe ich schon zu Hause die Uhr abgelegt, um mich schneller zeitlos zu fühlen. Mal sehen, ob ich die innere Freiheit finde, meinen Takt zu laufen und mich nicht zu sehr auf Holgers Takt einzulassen. Dies wird spannend. Schon beim packen zeigte es sich, dass wir verschiedenen Herangehensweisen haben. Für Holger kommt ein Regencape nicht in Frage. Er meint, es fährt ja überall ein Bus. Ich bin nicht aus Zucker und freue mich schon auf die ausgedehnten Gänge in der Natur, egal ob bei Sonne oder Regen. Immer an der Loire entlang wird uns der Weg führen, traumhaft. ( Er hat es dann doch noch eingepackt, als er die Wetterprognose gesehen hat😅).

Das Packen war diesmal einfacher, da der Zeitraum überschaubar ist. Ich trage wieder meinen bewährten, geliebten Ospray- Rucksack, aber diesmal bin ich nur mit knapp 10 kg unterwegs. Holger ist mit meinem kleineren unterwegs und hat es leichter. Ich konnte ihn überzeugen nicht noch einen neuen Rucksack zu kaufen, schließlich haben wir vier verschiedene Größen. Ich musste sehr an sein ökologisches Gewissen appelieren und nur die momentanen Lieferschwierigkeiten haben ihn abgehalten.



Allerdings ist diese Route mit viel Asphalt verbunden. Dafür haben wir uns spezielle Trailschuhe zugelegt. Ich bin gespannt, ob sie die richtige Wahl sind. Auf die Idee haben mich schweizer Fernwanderer gebracht und der Berater im Laufladen, war auch sehr überzeugend. Sie sind superleicht, ohne Knöchelstütze und bei Regen sicher schnell nass, aber auch wieder trocken. 

 


Voila! Wer will kann hier in loser Folge an unserem Abenteuer teilnehmen.










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