Unsere Nacht war so ruhig, dass es schon fast unheimlich war. Morgens koche ich Kaffee und mache die restlichen Nudeln von gestern mit Milch und Zucker warm. Das ist unser Kohlenhydratfrühstück, um die heutige Etappe zu bewältigen.
Holger hat sich gestern mit der Uhrzeit vertan und so bekommen wir unsere Pilgerpässe von Bruno, unserem Vermieter, erst 9.40 Uhr zurück. So spät bei einer Etappe von über 30 km ist Mist. Da müssen wir irgendwie abkürzen.
Wir laufen quer über die Felder nach Onzain und kürzen so den Weg schon etwas ab. Der Himmel hängt voller grauer Wolken und es ist etwas frisch, aber trocken.
Wir überqueren die Loire und sind in Chaumont sur Loire. Jetzt reißt der Himmel auf und die Sonne scheint wieder kräftig. Im Ort versorge ich mich in der Apotheke mit Magnesium, denn meine linke Wade schreit danach. In der Boulangerie kaufen wir zwei Teilchen für den Weg.
Das Schloss können wir nur von unten betrachten, da schon am Parkeingang eine Personenkontrolle wie beim Papst ist und wir keine Lust haben unseren Rucksack durchwühlen zu lassen.
An einem Kreisel ist der Straßenrand sehr schön dem Weinbau gewidmet.
Wir kommen auch bald an der ersten Degustation vorbei, aber Holger meint, dass sei zu früh. Naja, ein paar Kilometer " fliegen" wäre doch ein schönes Gefühl. Das erinnert mich doch an Italien.😄 Aber ich bin ein braves Mädchen.
Danach geht es heute auf der linken Seite der Loire auf die Höhe und wir laufen durch weite Felder und Weingärten, durch winzige Ortschaften. Vor einem Weingarten ist ein breiter Blühstreifen angelegt, der immer noch farbenfroh blüht und jede Menge kleine, bunte Schmetterlinge anlockt.
In Rilly sur Loire setzen wir uns an den kleinen Dorfplatz und bestaunen den Baguette- Automaten. Diese Franzosen! Hier schmeckt uns unser mitgebrachten Croissant.
Nun geht es immer an kleinen, kaum befahrenen Dorfstraßen entlang, da wir die Fahrradroute nehmen, denn der Weg für Fußpilger ist um einiges länger und wir sind spät dran.
Ein Feld mit riesigen Rispenpflanzen weckt meine Neugier und es ist tatsächlich Hirse.
Heute gehen wir sehr in Gedanken versunken vor uns hin und ich genieße diese Zeit.
Inzwischen ziehen wieder dicke Wolken auf, es kühlt sich merklich ab und in der Ferne sehen wir Regenschleier, doch wir bleiben trocken.
Eine zweite Pause wird von Holger gekürzt, da es zu frisch ist und er keine Lust hat, seine Jacke rauszuholen. Also nehmen wir die letzten Kilometer in Angriff.
Am Gewerbegebiet von Amboise ist eine große Boulangerie, in die ich Holger lotse. Kaffee und ein Stück Flan, dass haben wir uns verdient.
Erst nach 17 Uhr kommen wir in der Altstadt an und hier tobt der Bär. Touristen en masse. Die Altstadt ist wunderschön, hat mehrere Schlösser und wirbt überall mit Fotos von den Sehenswürdigkeiten. In der dicken Schlossmauer wurden Häuser, wie Höhlen, hineingebaut und an den Schornsteinen erkennt man, bis wohin ein Haus geht.
Leonardo da Vinci hat sich hier ein Wohnhaus im italienischen Stil mit Atelier bauen lassen, es gibt eine riesige Parkanlage...doch langsam schließt alles.
Wir laufen zu unseren heutigen Quartier- ein chambre ď Hotes, das ein wahres Träumchen direkt an der Loire, unterhalb des mächtigen Schlosses ist. Über den Preis wird geschwiegen! Es gab nix anderes😄 Wir arbeiten uns langsam hoch: Zelt, Tinyhouse, Mobilhome....heute hier und morgen????
Das Badezimmer ist der Hammer und ich trockne meine Wäsche am beheizbaren Handtuchhalter.
Dann gehen wir in den Ort zum Supermarkt, wo wir ein kleines, französisches Abendbrot einkaufen und uns in das fürstliche Esszimmer mit Blick auf die Loire setzen. Das kann uns kein Restaurant bieten und irgendwo müssen wir ja sparen🤗.
So lassen wir mit Rotwein aus der Tourraine den Tag ausklingen. Nach 28 km werden wir auch heute nicht so alt.
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