Holger hat heute morgen, Sonntag, die Ruhe weg, braucht für alles eine gefühlte Ewigkeit und so starten wir erst kurz vor 10 Uhr. Direkt vor unserer Tür ist heute "Brocante", der sich durch das ganze Dorf zieht.
Wir schauen uns die riesige Kirche an und sind beeindruckt.
Bei der Boulangerie kaufen wir uns die Standardteilchen für den Weg und stellen uns dann mutig an die Ausfallstraße nach Chenay, um per Anhalter einen Teil der Kilometer zu bewältigen, denn 40 km sind für uns mit Rucksack nicht zu schaffen. Irgendwie haben wir kein Glück.
Also laufen wir den Pilgerweg und als wir auf ein kleines Dorfsträßchen stoßen, probieren wir es noch einmal mir dem Autostopp. Diesmal klappt es und ein Ehepaar in unserem Alter nimmt uns bis zum nächsten Ort mit. Von da laufen wir durch Felder. Es ist, wie gestern, leicht bewölkt und nur etwa 20°C warm, was angenehmes Laufen bedeutet.
In Chenay setzen wir uns zur Pause und rechnen die Kilometer zusammen. Zwölf sind wir gelaufen und jetzt sind es noch 23 km, also immer noch zu viel.
Im Ort ist alles zu: Kirche und Hotel! Es fahren ein paar Autos durch, aber Einwohner sind nicht zu sehen.
Wir stellen uns an die D 950 und da diese einen breiten Grünstreifen hat, gehen wir es dynamisch an. Laufen und Daumen raus, wenn ein Auto kommt. So kommen wir ein ganzes Stück vorwärts, bevor tatsächlich ein Pärchen Ende 30 hält und uns mitnimmt. Sie fahren über Melle, unserem heutigen Ziel, hinaus, doch wir lassen uns schon in La Barre absetzen, denn den Rest können wir laufen.
Es geht auf fußfreundlichen Feldwegen vorwärts und wir fragen uns, was die Leute denken, wenn sie uns mit Daumen raus an der Straße stehen sehen: Die haben es zu nix gebracht? Holen Sie Ihre Jugend nach? Oder die haben die Zeit verpennt? Es fallen uns noch mehr Möglichkeiten ein und wir amüsieren uns gut darüber.
Ich finde wir sehen vertrauenswürdig aus: Holger mit seinem Strohhut erinnert mich an den Scheuch aus dem Zauberer der Smaragdenstadt. Als Elli gehe ich nicht mehr durch, aber vielleicht als nette Alte.
Für mich steht fest, ich würde auch heute noch, wenn wir ein Auto hätten, Leute mitnehmen. Wir erinnern uns, wen wir alles aufgelesen haben. Selbst im Wohnmobil haben wir Platz gemacht, um jemanden mitzunehmen. Nie haben wir schlechte Erfahrungen gemacht. Mit Mitfahrzentrale und Bla- Bla-car haben sich die Zeiten geändert und wir sehen kaum noch irgendwo Tramper.
Mit diesen Gedanken läuft es sich flott durch die Natur.
Nach 24,6 km kommen wir doch schließlich in Melle an und suchen unser chambre ď Hotes. Ein teilweise, behutsam- schön saniertes, altes Haus, dass ein holländisches Männerpaar eröffnet hat. Das Zimmer ist eine gelungene Kombination aus alt und neu. Die dezente Wandfarbe passt wunderbar zu dem großen Blumendekor auf Sessel und Teppich. Der Hit ist aber tatsächlich die alte, wunderbar erhaltene Stofftapete im WC.
Auf einem grellgrünen Stuhl hat sich ein grüner Gast eingeschlichen.
Wir entlassen ihn in die Freiheit, machen uns frisch und ruhen aus, bevor wir in den Ort zum Essen gehen.
Das erste uns empfohlene Restaurant hat heute nur Küche außer Haus, im Zweiten ist die Bedienung überfordert, so gehen wir wieder und landen bei " Papa Tino" und Pizza, die sehr lecker ist.
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