Donnerstag, 23. Mai 2024

Blödeln, lachen, genießen...Pilgerfreunde

 Heute morgen trödel ich bis zum Frühstück, dass für spanische Verhältnisse reichhaltig ist. Zwei kleine Snacks landen noch im Rucksack und dann checke ich aus. Am Busbahnhof setze ich mich in den Wartesaal, denn in 30 Minuten kommt Benjamin an.

Dann steht er vor mir, der lange Kerl, umarmt mich herzlich und die Freude ist auf beiden Seiten riesig. Wir gehen in das erstbeste Café, denn er braucht etwas zum Frühstück. Wir planen den Tag, Benjamin ist hoch- motiviert und will die erste Etappe komplett laufen. 25 km, laut Beschreibung hässlich ohne Ende und am Ziel eine etwas modrige Herberge mit wenig Fenstern. 

Die Herberge wollen wir beide nicht, zumal Regen angesagt ist. Regenklamotten, viele Leute, wenig Luft, da weiß der erfahrene Pilger, dass es morgens wie im Puma-Käfig stinkt. Dank Doppel- Moppel buchen wir über Booking ein Hotelzimmer das nur unwesentlich teurer ist, uns aber Luft und Platz verspricht.



Wir starten 11:20 und laufen quer durch die Stadt, was noch der angenehmere Teil ist. Anschließend laufen wir durch riesige, alte Industriegebiete: Stahlwerke, Kohlekraftwerke, alles nicht sehr vertrauenswürdig. Die umliegenden Häuser sehen verwahrlost aus und irgendwie scheint das hässliche Umfeld Messies anzuziehen, denn in den Gehöften sieht es teilweise fürchterlich aus. Benjamin nimmt es gelassen und meint, ist ja wie zu Hause... Dortmund halt.


Nachdem wir Schienen und Autobahn gequert haben führt uns der Weg hinauf in einen Eukalyptus - Wald und wieder hinunter in ein Tal mit kleinen Streusiedlungen. Das Regencape wird bald gebraucht und der erste Schauer ist noch moderat.

Nach 13 km wird der Himmel am Horizont dunkel- schwarz und wir entscheiden uns für eine Pause unter einem Vorratsschober. Es stehen sogar ein paar alte Stühle drin. Wir essen etwas und sind froh Schutz gefunden zu haben, denn eine halbe Stunde schüttet es aus vollen Kannen. 

Wir ziehen weiter und jetzt wird es noch schlimmer. Zwischen Autobahn, Nationalstraße, Schienen und nochmals absurden Industriegebieten bei Trasona. Der Krach ist fürchterlich. Zum Glück ist Benjamin bei mir, wir haben uns soviel zu erzählen und lachen dabei viel und herzlich, sodass wir die Strecke überstehen.


Am Ortseingang von Aviles soll es nochmals zwischen der Autobahn und Bahn lang gehen. Benjamin merkt seine Füße und ich sehe den Bus, der in die Stadt fährt. Das ist ein Zeichen! Kilometerzähler aus, Beine in die Hand...der Bus wartet und wir sind ruckzuck am Hotel.


Einchecken, Pilgerroutine und auf Nahrungssuche. In einem rustikalen Restaurant " San Franziska" werden wir fündig. Wir reden und lachen und fühlen uns miteinander wohl. Ich freue mich auf die Tage zu zweit.





Nach einer geruhsamen Nacht laufen wir zu dem Niemeyer- Bau des Kulturzentrums und schauen ihn uns von außen an, da er natürlich morgens geschlossen ist. 


Zurück geht es in die Altstadt in eine Bar zum Frühstück. Ruhig lassen wir den Tag beginnen. Auf dem Weg aus der Stadt kommen wir an der Kirche San Christbal vorbei und halten kurz inne. Es gibt sogar einen Stempel.

Laternen werden bepflanzt


Stetig bergauf aus der Stadt, auf kleinen Straßen führt uns der Weg. Wir schauen oben ins nächste Tal und wissen was kommt. Das Wetter wird immer besser und wir genießen unseren gemeinsamen Takt: bergauf übernimmt Benjamin die Führung, bergab habe ich die bessere Schwungmasse. 



Durch einen Wald laufen wir ziemlich lange und kommen an vereinzelten Häusern vorbei. Leider ist keine Bar dabei. Wir setzen uns auf die Mauer an einer Wasserstelle und lüften die Füße nach 12 km. Im Rucksack haben wir Obst und Müsliriegel, sodass wir nicht verhungern. 



Verkehrsschilder im Nirgendwo 

Danach geht es wieder in einen Forst und hier haben die Fahrzeuge ganze Arbeit geleistet. Wir haben eine ziemlich lange, fette, schmierige Schlammroute vor uns. Stöcke gut einsetzen und langsam matschen, damit der Fuß nicht versinkt bzw. der Matsch nicht bis zum Rucksack spritzt. Teilweise waten wir durch einen halben Meter tiefe Schlammrinne. Wir sind froh, dass wir diesen Weg rutschfrei überstanden haben. Zum Glück sind meine Schuhe beige, sodass der Farbwechsel zu schlammbraun recht unauffällig ist. Benjamins Schuhe glänzen nicht mehr, sie haben die Taufe zum Camino- Schuh bestanden.



Endlich kommen wir wieder in Zivilisation nach Sotu'l Barcu und erholen uns bei Kaffee und einem wirklich sehr leckeren Boccadillo.


Danach geht es dir letzten Kilometer auf einer kleinen Asphaltstraße nach San Esteban de Pravia, wo wir im Surfer- Hostel ein Zimmer direkt am Hafen des Flusses Nalõn gebucht haben. 




Nach einem Anruf kommt der Besitzer vorbei, ist sehr freundlich und gibt uns ein großes Zimmer, damit Benjamin ins Bett passt. Wir sind die einzigen Gäste, bekommen ein Bier und dürfen und im Frühstücksraum Kaffee kochen. Super! Wir duschen, stellen einen Tisch vor das Haus in die Sonne und trinken Kaffee. Wir klönen, quatschen, haben super Laune und lachen viel gemeinsam. 






Mit Benjamin zu pilgern ist ein Geschenk und ich freue mich, dass wir uns so wunderbar verstehen, fast den selben Humor teilen und nun zusammen den Weg gehen können.




Abends wollen wir essen gehen, doch das einzige geöffnete Restaurant verlassen wir flüchtend, als wir die exorbitanten Preise sehen.
Im Supermarkt kaufen wir Brot, Käse, Tomate, Oliven und Flan und nehmen alles mit zum Hostel. 
Dann erleben wir wieder ein Wunder des Caminos. Wir fragen, ob ich mein vegetarisches Abendbrot in der Bar essen darf. Benjamin bestellt sich verschiedene Tapas ( Fleisch/ Fisch)  und uns Getränke. Selbstverständlich bekomme ich ein Messer und  ein Brett und so können wir zusammen dinieren. Die Bar füllt sich und wir verleben einen wunderbaren Abend bei Pankmusik und einem guten Gespräch in der Bar.






 

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