Benjamin hat die Infekthexe erwischt und er schnieft und rotzelt heute vor sich hin. Der Kopf ist ein bisschen zu, doch er meint, wir können laufen
Nach dem Frühstück geht es hinter der Pension gleich im Wald den Berg hinauf und dann laufen wir gemächlich, ohne große Anstiege auf Wald- und Feldwegen nach Lluarca, wo wir auf Stufen hinunter recht schnell in die Stadt auf Meereshöhe kommen.
Hier wimmelt es von Bäckereien und wir kaufen uns Proviant. Auf einen Platz halten wir eine Kaffeepause und ein Deutscher verwickelt uns in ein Gespräch übers Pilgern.
Dann ziehen wir weiter und tatsächlich gewinnen wir wieder über Stufen an Höhe um nun auf kleinen Asphaltstraßen zu pilgern. Jeder hängt seinen Gedanken nach und das Wetter ist angenehm. Wir laufen an kleinen Streusiedlungen vorbei und setzen uns in Taboreias auf die Kirchenmauer, um die Füße zu lüften und etwas zu essen.
Kaum dass wir über den Asphalt jammern, kommt ein Feldweg und entspannt laufen wir weiter. Wir kommen gut voran und sind schon 14 Uhr an der Pilgerherberge in Pinera, welche unser heutiges Ziel ist. Doch der äußere Eindruck von der Straßenseite täuscht. Von hinten steht alles offen, zwei Pilger sitzen schon davor, die Küche ist schmuddlig , der Kühlschrank eklig und die Betten sehen angeranzt aus. Wir müssten noch schauen, wo wir etwas zu Essen herbekommen, denn es ist Sonntag. Ich fühle mich unwohl. Benjamin ist auch nicht ganz begeistert und wir suchen eine Alternative.
Laut Wanderführer sind es nur 4 km bis nach Narvia, wo es eine günstige Pension mit Menü gibt. Das ist für uns eine Option. Wir kürzen den offiziellen Weg um einiges ab und kommen 16 Uhr an. Als ich den Kilometerzähler ablese stehen da 5,98 km. Da stimmt der Führer überhaupt nicht. Wir kommen zur Pension, werden eingelassen und erfahren, dass die Küche heute kalt bleibt. Na, es ist nicht unser Tag.
Wir ruhen uns aus und gehen auf Nahrungssuche.
In einer Bar werden wir fündig und nach dem Essen geht es uns wieder richtig gut. Auf dem Nachhauseweg treffe ich Elke aus Belgien wieder und wir wechseln ein paar Worte, bevor wir schlafen gehen.
Es waren heute Mal wieder mehr Kilometer als geplant.
1. Teil
Morgens, beim Frühstück, schauen wir Nachrichten und sehen, dass nur im Norden die Temperaturen bei 17-19°C stecken bleiben, überall sonst ist es in Spanien heiß oder zu heiß. Grau und kühl begrüßt uns der Tag.
Der Weg führt uns bergab hinaus aus der Zivilisation und schon bald auf einen schönen Wiesenweg. Allerdings ist er taufrisch und so bekomme ich feuchte Füße. Es geht im ständigen Wechsel an der N634 vorbei und über die Autobahn. Allerdings führt man uns viel nebenher auf kleine Nebenstraßen oder der Bauer hat seine Wiese fußbreit für uns gemäht, was sehr lieb ist. Dadurch ist der Weg abwechslungsreich.
Langsam weicht das dunkelgrau im Himmel einem hellgrau und ich bin optimistisch, dass der Wind die Wolken wegplästert.
In Caridá kommen wir an der örtlichen Herberge vorbei, welche sehr hübsch aussieht und gerade vom städtischen Reinigungsservice für die nächsten Pilger sauber geputzt wird.
Im Ort gehen wir zur Kirche, halten kurz innen und setzen uns an eine Bar zum 2. Kaffee. Ich benutze die Toilette und bin wirklich jedes Mal erstaunt und erfreut, wie sauber die Toiletten in jeder noch so kleinen Bar sind. Ich denke, warum ist das zu Hause eigentlich immer so ein Problem?
Wir umlaufen noch einmal die N 634 und müssen uns dann zwischen dem offiziellen, kürzeren und mehr asphaltierten Weg und dem etwas weiteren Küstenweg entscheiden. Da wir heute das letzte Mal das Meer sehen werden, entscheiden wir uns für die Küstenvariante.
Je näher wir dem Meer kommen, desto blauer wird der Himmel. Die An- und Anstiegen sind moderat und die Landschaft ein Traum. Eine Vielfalt an Pflanzen, Farben, Schmetterlingen...ich fühle nur Glück!
Benjamin geht es ähnlich. An einer steinigen Bucht geht es an den Strand, aber uns ist es noch zu kühl und so bleiben wir oben auf der Küstenlinie. Danach, an einem Ausläufer einer Bucht laufen wir vom Weg ab und auf dessen Ende zu und erleben ein Rauschen, Wogen und Schäumen unter uns. Wir ziehen die Schuhe aus und setzen uns in den Windschatten des schroffen Felsens in die Sonne. Absolute Seeligkeit und Ruhe durchströmt mich.
Nach einer wunderbaren Pause setzen wir den Weg fort und in einer Senke ist das Schlammtreten des Tages. Doch wir nehmen es inzwischen gelassen.
Ich freue mich an jeder neuen Pflanzenart und langsam wärmt uns die Sonne. Ich sehe unten eine Sandstrand- Badebucht: menschenleer und sonnenbeschienen. In der Ferne glänzt die Dusche und somit ist klar: wir laufen hinunter.
Klamotten aus und rein in die eisigen Fluten. Wenn der Atlantik 10°C hat, wäre das warm, aber die Erfrischung ist Genuss. Den letzten Tag haben wir es doch noch einmal geschafft, Baden zu gehen.
Danach verändert sich die Landschaft, denn die Landwirtschaft hat ihre Felder bis fast an den Klippenrand gezogen.
Bald kommen wir weg vom Meer und die letzten Kilometer laufen wir Asphalt in der Sonne. Das schmerzt nicht nur in den Füßen sondern auch in der Seele. Benjamin läuft mechanisch und will nur noch ankommen. Seine Erkältung steckt ihm noch in den Knochen und er leidet, denn aus den geplanten 21 km sind wieder lockere 26 km geworden.
Die Pilgerherbergen liegt hier direkt an der Steilküste, ist aber nicht geöffnet und so haben wir ein Hotel gebucht. Dort angekommen, machen wir uns frisch und stürmen dann eine Konditorei, wo wir die Kohlenhydratspeicher auffüllen. Schlemmen nach Lust und Laune. Hier bin ich richtig.
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