Sonntag, 2. Juni 2024

Keine 100 Kilometer mehr

Heute haben wir uns für eine kurze Etappe entschieden und bummeln in den sonnigen, windigen und frischen Morgen hinein.
In der Bar gibt es Frühstück und dann suchen wir den 100 km Stein, doch finden wir nur den 99,9km Stein und machen da die Schluss-Sport- Fotos.




Dann laufen wir monoton zwischen Straße und Gleisen und sehen auf der Karte, dass es einen alternativen Weg gibt, den wir auch finden. Aus dem Feldweg wird ein Weg, dann ein Pfad, dann ein Trampelpfad und dann sehen wir keinen Weg mehr. Weit kann es nicht mehr sein und so stürmen wir das Unterholz, dass sich sehr kratzbürstig zeigt. Ich mit kurzen Hosen summe plötzlich " Maria durch einen Dornwald ging". 




Wir finden hinaus und kommen dann auf einen magischen Waldweg  der zur Capella do Santoña Alberte führt. Das Licht, die alten Gemäuer, die bemoosten Eichen, einfach ein Kraftort, den ich auf mich wirken lassen.






Durch den Wind erleben wir heute bewegte Schattenbilder und die Stimmung ist großartig. Immer wieder kommen wir an einzelnen Gehöften vorbei und nach 8 km setzen wir uns auf die Wiese bei einem kleinen Dorf. 
 




Nach einem Käsebrot laufen wir durch eine wunderschöne Landschaft bis nach Miraz, wo wir in der Herberge der britischen Jakobsgesellschaft einchecken wollen. 

Vorher kommen wir an einem Haus vorbei und bekommen hier von einem Steinmetz einen besonderen Stempel.


In der Herberge geht very brittish zu: Welcome mit english Tea, Milch und Zucker. Erst danach ist die Anmeldung. Die Hospitaleros sind sehr freundlich und lustig, englischen Humor gibt es gratis.





Nach der üblichen Routine laufen wir zur Bar im Ort und bekommen bei einer ziemlich schlecht gelaunten Restaurantbetreiberin ( Kittelschürze und biestige Mimik) noch ein Menü del Dia. Allerdings ist die Verständigung nicht launefördernd, obwohl wir uns alle Mühe geben und extrem freundlich auf sie reagieren. Es ist wohl nicht ihr Tag!

           Mal keine Tortilla 😉 dafür in Mayo ertränkt.

Wir treffen German wieder und so haben wir eine nette Unterhaltung.

17 Uhr werden wir zur Tea- time im Garten erwartet und alle Gäste lernen sich etwas kennen
Wir sind heute acht Pilger hier. Danach gehen wir gemeinsam zur Kirche, bekommen eine Führung und ein Gebet. Es ist eine schöne Atmosphäre an diesem Ort.






Abends gehen wir nochmals zur Bar, denn Benjamin möchte Fußball schauen. Wegen der Hausordnung können wir nur die erste Halbzeit verfolgen. Ich frage die Barfrau freundlich, ob sie das Fernsehprogramm umstellen kann. Ich schaffe es und bekomme sogar ein kleines Lächeln geschenkt. So schauen German, Benjamin, Heinz mit Frau und ich Fußball und erfahren von Benjamin jedes Detail der Vereinsgeschichte. Er ist ein wandelndes Lexikon und ein Dortmunder Jung.


Die zweite Halbzeit verfolgt Benjamin auf dem Handy und ich schlafe schön mal.

Nach einem kleinen Frühstück verabschieden wir uns von den netten Hospitaleros und laufen los. Es ist sehr windig, sehr frisch, doch die Sonne scheint. 
Unser Plan ist 10 km straff zu laufen, dann ein zweites Frühstück, um danach die letzten 15 km ruhiger anzugehen.
Ich ziehe also an und Benjamin läuft etwas hinter mir und signalisiert mir so, dass er etwas Ruhe braucht.
Das ist gut, denn ich bin noch am Gedanken sortieren. Ich laufe flott und überhole einen Pilger vor mir. Benjamin hat inzwischen eine Gesprächspartnerin gefunden und da sie sich gut unterhalten, ziehe ich noch etwas das Tempo an, denn ich liebe diese ruhigen Morgenstunden.



Nach ungefähr 5 km habe ich mich frei gelaufen und genieße jeden Schritt. Der Wind rauscht in unterschiedlichen Tonarten im Mischwald und nochmals im Eucalyptuswald. Der Wald ist mit großen Granitblöcken übersät und der Blick schweift plötzlich ins nächste Tal.






Nach 10 km und knapp zwei Stunden bin ich in Roxica, wo es keine Bar sondern nur kühlen Wind gibt. Ich schreibe Benjamin, dass ich weiterlaufen und genieße das bei mir sein. Heute komme ich nur an kleinen Landwirtschaften inmitten vom irgendwo vorbei. Infrastruktur gibt es nur in Form vom Pilgerweg.


An einer Landstraße wurde ein extra Fußweg für die Pilger angelegt, sodass die Kilometer sehr erträglich sind. Autos fahren Sonntags wenige und die Blicke in die Ferne sind sehr schön.


Ein Begrüßungsschild lässt mich schmunzeln, denn da steht: gutz Reise! Einfach erfrischend.


Nach 20 km am Stück kommt endlich in Mesón eine Bar mit Laden. Davor stehen Veronika und Marvin, die bald weiterziehen.

Ich bestelle mir einen Kaffee, kaufe 2 Bananen, 1 Nektarine und einen Erdbeerjoghurt und schreibe die 3. Nachricht, die allerdings wegen eines Funkloches nicht rausgeht.

Also warte ich eine halbe Stunde. Benjamin kommt mit German und will keine Pause machen, sondern durchziehen. Also läuft er jetzt vorraus.
Ich beende meine Pause und gehe die letzten Kilometer mit German nach Sobrado dos Monces zum Kloster. 





Die Anmeldung dauert etwas, da immer sechs Pilger abgefertigt werden. Zwei werden zusammen erfasst und so sitze ich mit Roberto auf der Bank und habe das Glück, dass ihm oben schlafen nichts ausmacht. Wir beziehen unsere Schlafkammer und ich merke, dass mein Bettwanzenmittel (warum auch immer) ausgelaufen ist. Ich hänge die nassen Packbeutel
auf die Leine, stelle den Rucksack in die Sonne und setze mich daneben. 
Marc kommt vorbei und wir haben ein gutes Gespräch.

              Pilgerfüße warten

 
               Klosterkatze

              Soweit bin ich schon gelaufen

                        Kreuzgang
 
Wir haben uns zum großen Kochen in der Klosterküche verabredet und Marc und ich bereiten das Pilgermenü schon Mal vor.




Dann gehen wir zur Messe. Der Weihrauchgeruch ist so stark, dass mir speiübel wird und ich die Messe vorzeitig verlasse. Marc kommt auch mit und so beenden wir das Showkochen und decken den Tisch.






Ich bin im 7. Himmel, denn endlich esse ich einmal Gemüse und Nudeln satt. Wir sitzen zusammen, genießen das Essen und vertiefen die Gespräche. Ein perfekter Abend geht zu Ende und nur noch drei Tage bis Santiago.
 







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