Die letzten Tage in Spanien sind für mich angebrochen. Ich habe ein schönes Hotelzimmer abseits der Touristen bezogen und gehe ohne Rucksack durch die Stadt. Ein unwahrscheinliches Gefühl der Leichtigkeit beschleicht mich.
Am ersten Tag laufe ich nachmittags zur Touristen-Info, um zu schauen, was es zu schauen gibt. Dann lasse ich mich durch die Straßen treiben und lande bei einer " Pilgermesse" für den Camino Ingles. Der Camino verfolgt mich. Ich schlendere durch die Halle und jeder Etappenort stellt sich vor. Toll.
So laufe ich schon Mal 17 km durch die Stadt. Die Füße machen noch keine Pause.
Gestern war dann die "Fiesta San Juan"- Johannis der Täufer ist der Patron und es ist die Sommersonnenwende.
Die ganze Stadt ist auf den Beinen. Jeder stellt einen Grill auf die Straße und Bier wird kalt gestellt. Die Menschen laufen schwer gepackt zu Freunden und / oder an den Strand, der schon morgens in Clans abgesteckt wird.
Ich begebe mich auf Entdeckungstour und laufe zuerst zur Casa Picasso, um zu schauen, wo er seine ersten Mal- Stunden hatte. ( Montags haben die Museen geschlossen, deshalb ist heute auch Museumstag). Das Haus ist wunderschön, holzgetäfelt und saniert. Drinnen kann man die eingerichtete Wohnung bewundern.
Unten ist eine Galerie mit Werken von " Moxom", einem galizischen Künstler, der Strandholz eine neue Form gibt.
Danach laufen ich zum Museum der schönen Künste und schaue mich dort um. Erstaunlich ist, dass beide Museen kostenlos besichtigt werden können.
Dann erkunde ich die Halbinsel auf einem Stadtwalk. Das Wetter ist etwas dunstig. Überall begegnet mir Kunst, die Spanier lieben Monumente. Ich laufe am Castello und am Hafen vorbei. Entdecke zwei Schwimmbäder direkt am Meer und eine separate Jogger- Bahn um die gesamte Halbinsel. Teilweise ist es eine Tartanstraße. Mega...und die Spanier joggen auch.😀
Dann laufe ich zu den Monolithen und zum Torre Hercules. Allerdings steht der im Nebel, sodass sich der Aufstieg erübrigt. Ich pflücke einen Strauß Wildblumen, denn diese werden heute Abend gebraucht. Überall an den Ecken werden diese duftenden Sträuße verkauft.
Danach brauche ich eine Pause, um mein Handy aufzuladen. Ich gehe ins Hotel und am Abend zurück ins Getümmel. Es ist der Wahnsinn, was hier los ist. Ich beobachte zwei ältere Frauen beim Selfie- Versuch und biete meine Hilfe an
So komme ich mit Christina und Elena aus Venezuela ins Gespräch und werde sofort warmherzig adoptiert. Sie stellen mich ihren Freunden vor und dann bin ich mittendrin in der Fiesta. Ein pralles Fest des Lebens. Wir tanzen mit Brasilianerinnen, Peruanerinnen ... und als ein paar junge Mädels über meine Schuhe lachen, übersetze ich ihnen die " Geschichte" dieser ramponierten Schuhe. Die sind total beeindruckt und laden mich zum Trinken ein. Es folgen lustige "Übersetzer- Gespräche". Ich bin emotional total überfordert. Es ist sooooo schön. Christina und Elena umsorgen mich und ich bin so glücklich.
Um Mitternacht gibt es ein großes Feuerwerk und dann wird die " Hoguera" abgebrannt. Was für ein Spektakel. Die jungen Männers springen über die Feuer, es wird gesungen, getanzt, gelacht und ganz langsam nach Hause gegangen.
Ich verabschiede mich von Elena und Christina und Danke ihnen von Herzen. Der Rückweg ist voller Menschen und die Kneipen sind alle offen und voll. Lebensmittelhändler verkaufen Essen und Getränke und ich habe nicht das Gefühl, dass es 1 Uhr nachts ist. Da der Weg noch weit ist, ich den Busfahrplan nicht kenne ( überall steht oben " Feliz Dan Juan" dran, statt einem Ziel), jogge ich zum Hotel zurück und es gelingt mir leichtfüßig.😆
Heute morgen fällt mir das Aufstehen schwer, doch nach drei Kaffee bin ich wieder fit. Heute will ich noch den Altstadt - Teil von Coruña erkunden.
Ich bin erst 11Uhr in der Spur und die Straßen wirken leer. Fast alle Geschäfte und Bars sind noch geschlossen, nur Gassigeher sind unterwegs und die Spielplätze sind schon besucht. Die Kinder spielen, die Eltern sehen müde aus. Der Eine oder Andere sucht noch den Weg nach Hause und torkelt durch die Straßen. In den engen Gassen riecht es stark nach Ammoniak und die Stadtreinigung ist schon im vollen Einsatz.
Die Sonne scheint heute und der Himmel ist blau. Ich laufe nach dem Plan der Touristen - Info und alle Kirchen sind offen. Also ist heute mein Kirchentag: San Nicolas, San Jorge, Santiago, San Domingos und San Barbara. In der Santiago- Kirche danke ich für das Behüten meiner Pilgerreise und denke kurz an all die Begegnungen, für die ich so dankbar bin. Ich stifte eine Kerze und da sie hier elektrisch sind, leuchten gleich fünf auf, als die Münze einfällt.
Dann gehe ich zum Strand und hier ist das Leben schon zurück gekehrt. Die Leute flanieren und sind hübsch anzuschauen. Die Menschen hier legen Wert auf ihr Äußeres. Selbst die Oma am Rollator hat eine pankige Sonnenbrille und ein farbiges Sommerkleid an. Dazu schicke Sneakers. Auch die Herren der Schöpfung achten auf ihren Style und neben modischen Brillen tragen sie farbige Hemden und schicke Sommerhosen. Hier sind das Rentner- Olivbeige und die halblangen Beutelhosen nicht anzutreffen. Das macht mir Mut fürs Älterwerden.
Ein Teil des Strandes ist noch gesperrt und mit Großgeräten und vielen Helfern wird der Strand gereinigt.
Der andere Teil ist schon sauber und die Spanier nutzen den Tag zum Sonnenbaden.
Mein Ziel ist die "Milleniumsnadel", die ich gestern Abend entdeckt habe. Die steht auf der anderen Seite der Stadt und ragt hoch in den Himmel.
Von da geht es quer über die vielen Hügel der Stadt zurück zum Hotel, die Badesachen holen. Ich will noch einmal ins Meer.
Am Strand angekommen, ist der jetzt echt voll. Der Sonnenliegenverleiher hat weder eine Liege noch einen Sonnenschirm. Also ungebremst ins "Kiesbett". Die Wellen sind hoch und die Bademeister haben alle Hände voll zu tun. Keiner darf richtig rein, weil die hohen Wellen Strudel über den Felsen bilden und selbst am Rand zieht es mir das Wasser unter den Füßen weg.
Somit ist nur ein Füße kühlen drin und bald gehe ich zum Hotel zurück, denn einen Sonnenbrand möchte ich nicht riskieren, schließlich sitze ich morgen im Bus und übermorgen im Zug, da wäre es sehr ungünstig.
Abends überlege ich, wie ich den Rucksack packe, denn 20 Stunden Busfahren liegen bis Paris vor mir. Dann geht es nach einer Pause in Paris 8 Stunden mit dem Zug weiter und dann bin ich wieder zu Hause.
Christina meldet sich und wir verabreden uns für den Abend. Sie fährt mit mir zum Mirador Fiesta o Atlántico, wo wir einen wunderschönen Sonnenuntergang erleben.
Anschließend trinken wir in einer Bar über dem Meer noch etwas und dann heißt es Abschied nehmen. Christina ist eine schöne und herzliche Frau, die ich wohl auch vermissen werde. Es war ein sehr schöner Abschluss meines Abenteuers.
Ich blicke dankbar auf die letzten 56 Tage zurück und werde sicher noch einiges verarbeiten. Mein größter Dank geht an meinen Lieblingsmenschen, der meine Sehnsucht versteht und mich jedesmal mit ganzer Liebe unterstützt.
Eines hat mich der Weg wieder gelehrt: Das Leben ist schön und die Menschen auf dem Weg sind das Geschenk. Dieses Vertrauen, die Augenhöhe und die Freundlichkeit lassen Erlebnisse und Geschichten entstehen.
Mein persönliche Erkenntnis ist, dass ich, egal wie alt ich werde, im Herzen jung bin, immer neugierig bleibe und vor allen in Bewegung ❤️. ( Dafür danke ich besonders Erika, Christina und Elena.)
Hier geht es weiter, wenn mich die Muschel wieder leitet. Ich danke allen Lesern für Kommentare, Wünsche , mitleiden und mitfreuen.
Übrigens hat Komoot mir eine Statistik " geschenkt", die ich nicht vorenthalten möchte. ( Über die Höhenmeter bin ich schon erstaunt.)
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