Morgens werden wir nicht nur von den Badgeräuschen unseres Zimmernachbarn geweckt, sondern er trötet mehrmals lauthals in sein Taschentuch, sodass wir aus den Federn fahren. Ich finde diese Unhöflichkeit unmöglich und revanchiere mich mit Nana Mouskouri und unserer Pilgerhymne "Guten Morgen Sonnenschein". Erika bekommt einen Lachanfall.
Kurze Zeit später laufen wir zum Frühstück und auf dem Weg dahin schnipsen aus Erikas Wanderstöcke die Arretierungen. Sie sind hinüber und das, wo es heute hoch und runter gehen soll. "No es mi Dia", könnte sie meinen.
In der Bar bestelle ich inzwischen fast perfekt unser Frühstück, doch beim frischen Orangensaft gibt sich die Kellnerin als Deutsche zu erkennen und wir kommen ins Gespräch. Wieder eine sehr interessante Camino -Geschichte. Christina wirkt sehr relaxed und bei sich.
Wir frühstücken und dann habe ich eine Idee. Ich erzähle Christina von Erikas Mißgeschick und frage, ob zufällig einmal Stöcke liegen gelassen wurden. Drei verschiedene Exemplare finden sich an und wir nehmen die zwei leichtesten und stellen sie für Erika ein. Sie ist völlig gerührt: von meiner Idee und den neuen Stöcken. So rettet uns die Vergesslichkeit anderer den A...
Fröhlich laufen wir zum Meer und es geht gleich steil bergauf. Oben angekommen sehen wir wilde Ziegen.
Die Sonne scheint und der Wind weht. Die Hügel sind voller Blumen und wir laufen hoch und runter.
Bald wird der Weg schmaler und verläuft mehr am Abgrund. Die Ausblicke sind gigantisch.
Wir kraxeln und Erika mit ihren kurzen Beinen muss ab und an auf allen Vieren klettern.
Auf einem Bergrücken halten wir die erste Pause und essen Schokolade. Ich einfach so und Erika, um ihre weichen Knie zu beruhigen.
Weiter geht es und der Weg wird nicht einfacher. Teilweise ist er so zugewachsen, dass wir den Untergrund nicht sehen und tasten müssen, um nicht abzurutschen.
Wir kommen an einem herrlichen, menschenleeren Badestrand vorbei, doch der Weg führt in die Höhe.
Dann beginnt die nächste Kletterpartie und Erika kämpft. Ich möchte ihren Rucksack erleichtern, doch sie weigert sich. Stures Mädchen!
Nach einem schwierigen Abwärtsteil kommen wir auf einen breiteren Weg und zu einer langen Badebucht. Jetzt steigen wir ins Wasser und sind dankbar für die Abkühlung.
Danach zeigt uns das GPS den Weg, doch den gibt es nicht. So laufen wir durch die Düne ohne Plan und von der Karte abhängig. Die Dünenpflanzen und Brombeer- Ruten zerkratzen uns die Beine, aber wir kommen durch.
Plötzlich taucht ein Parkplatz auf und der Weg ist von da gut sichtbar. Es läuft...bergauf und oben wird es wieder eng und steil. Erika verlassen die Kräfte und ich nötige sie zur Pause, stopfe Schokolade und Nüsse in sie hinein und suche einen alternativen Weg. Die Karte bei Komoot gibt nix her, doch plötzlich sehe ich eine echt zugewachsene Forstschneise weg von der Küste. Ein Stoßgebet zum Himmel. Wir folgen ihr und tatsächlich führt sie uns auf den " normalen" Camino und wir haben sicheren Boden unter den Füßen. Danke! Danke! Danke!
Noch eine Pause und die letzten Reserven gesucht. Ich habe tatsächlich den kürzesten Weg zum Hotel gefunden.
Wir fallen auf der Terrasse in die Stùhle, ziehen die Schuhe aus und bestellen und ganz viel zu Essen. Salat, Boccadillo und Schokoladentorte machen glücklich!
Am Ende sind wir glücklich fertig zu sein. Wir haben ein Zimmer, statt Herberge gebucht, da der Unterschied für jeden nur 7€ ausmachte. Herrlich, eine eigene Dusche, Handtücher, Blick aufs Meer und ein Bett auf dem wir sofort ausruhen.
Kaum hat das Pilgerlein ein ruhiges Zimmer schläft es bis in die Puppen, in unserem Fall werde ich halb acht wach. Ausgeschlafen packen wir die Rucksäcke und gehen Frühstücken. Wir bestellen uns ein Boccadillo cheso und eine Banane zum Mitnehmen dazu und haben somit das zweit teuerste Frühstück des Weges geschafft. Das ist der Heimvorteil, wenn nichts anderes auf hat. Das Wetter ist angenehm und wir laufen durch einen schönen Wald über einen Fluss und dann zur Küste. Alles läuft super, auch wenn die einzige Bar am Weg geschlossen hat.
Nach einer Stunde bin ich zurück, esse etwas und dann laufen wir weiter. Es geht bergab und der Weg wird mal wieder kaum begehbar. Wir tasten uns vorwärts und erreichen den Strand Praia de Moreira, wo das Wasser smaragdgrün leuchtet.
Nun sind wir wieder ganz unten, queren ein Flüsschen, der die ganze Wiese in einen Morast verwandelt hat und ich habe klatschnasse Füße.
Step by step erklimmen wir die Höhe und ich ziehe Erika öfters nach oben, da ihre Beine für die Absätze zu kurz sind. Oben beginnt der Regen und wir laufen auf einer Forststraße und dann auf einer Landstraße vom eigentlichen Weg ab, da der Aufstieg für Erika zu schwierig ist. Dann gehen wir zurück zum Monte Cachelmo. Der Wanderweg ist schon wieder total zugewachsen, sodass wir nicht nur nass, zerkratzt und zerrissen sind, sondern auch noch voll mit Grassamen bedeckt sind. Oben auf dem Berg kommt zum Dauerregen noch ein böiger Wind. Der Weg ist im Moment zwar etwas breiter, geht steil bergab und da weit und breit kein Baum ist, fegt der Wind uns fast um. Links unter uns geht es fast senkrecht ins Meer hinab, rechts ist Gestrüpp und alles ist meiner Meinung nach extrem gefährlich. Deshalb drehen wir um und suchen einen alternativen Weg nach Muxia. Es ist verhext, denn wir kämpfen uns weiter durch Gestrüpp und massakrieren unsere Beine. Meine Schuhe sind klatschnass und langsam lässt die Kraft nach. In einer Felsspalte hocken wir uns kurz zum ausruhen hin und essen etwas.
Zurück auf der Straße laufen wir zwar einen großen Umweg, aber wir kommen sicher nach Muxia. Im ersten Supermarkt kaufen wir Trinkjoghurt, Kuchen und eine Flasche Rosé.
Nach einer heißen Dusche, Kaffee und Kuchen geht es uns besser. Nach einem Glas Rosé sieht die Welt schon wieder besser aus und die Striemen auf den Beinen brennen nicht mehr ganz so schlimm. Da ich in dem Gelände kein Regencape tragen könnte, ist meine Rucksackhülle undicht gewesen und so ist auch der halbe Rucksackinhalt nass geworden. Zum Glück nicht die Wechselsachen, sondern Schlafsack, Tagebuch... Ich bin froh, dass wir ein Appartement haben, so habe ich Platz um alles auszulegen. Nun sieht es aus, wie im " Saustall". Abends gehen wir essen. Erika ordert mir ein besonders vegetarisches Abendessen, welches ich sehr genieße.
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