Mittwoch, 19. August 2015

Viva la France


Nun bin ich soweit und lasse am 20.08. Deutschland hinter mir.Jetzt ist die Herausforderung nicht mehr unbedingt die Höhenmeter, wie an der Mosel, sondern die Sprachbarrieren! Reicht mein 5maliger VHS- Sprachkurs kurz vor dem Start, um telefonisch ein Bett zu reservieren, unterwegs nach Wasser zu fragen und etwas zu Essen zu ordern? Kann ich nach dem Weg fragen und die Antwort richtig deuten?  Reichen die Vokabeln, um wenigstens rudimentär von mir zu erzählen? Trau ich mir überhaupt den Mund aufzumachen? Ich glaube jetzt geht das Abenteuer erst richtig los! Und.... ich freu mich drauf! Auf mein erstes Barguette mit Pate de Grandmere',  den Käse, den Wein und die leckeren Tartes. In einer Herberge habe ich gelesen:" Die aufrichtigste Liebe, ist die Liebe zum Essen." Viva la France!

Davor gab es aber noch 2 Etappen mit Yvonne bis Trier, welche recht anstrengend aber auch hübsch waren, ging es doch regelmäßig durch Weinberge hoch in die Wälder des Hunsrück, um dann wieder abwärts in die Weinberge und zur Mosel zu gelangen. Am Wegesrand gab es Unmengen an reifen Brombeeren und an den Weinbergmauern flitzten kleine Salamander in die Ritzen, wenn unser Schatten sie traf. Am Waldesrand sahen wir einen Fuchs und ab und an ein Eichhörnchen.

Die Pilgerherberge in Klausen war sehr modern ( allerdings fehlte ein Gemeinschaftsraum mit Wasserkocher), aber die Wirtin war so biestig, dass ich sie nicht als Herbergsmutter bezeichnen möchte. Gewöhnungsbedürftig war, dass nachts zwei Deckenleuchten ( für die es keinen auffindbaren Schalter gab) und das Notausganggsschild die ganze Nacht leuchteten, sodass es im Zimmer recht hell war und ich mich fragte, ob wir unter Beobachtung stehen.
In Schweich hatten wir auch ein seltenes Exemplar von Vermieterin. Auf die Frage nach einem Wasserkocher, erfuhr ich, dass ich das im Hotel ab 150€ erwarten kann, aber nicht hier. Das Domozil war noch im schicken 70iger Jahrestil mit grüner Sanitärkeramik. Bei 29€ war es nicht möglich statt Kaffee oder Tee ein Glas Mineralwasser ( das haben sie nur in der Flasche??!!) zu bekommen, aber laues Leitungswasser gabs dann doch!
Also liebe Pilger, mein Tipp, wenn ihr es schafft, dehnt die Etappe bis zum Gasthaus Crames in Biewer aus! Der nette Wirt hat nicht nur einen Pilgerstempel und den größten und leckersten Bienenstich ( s. Foto) am Weg, er bietet Doppelzimmer mit Frühstück, Wasserkocher und Bügeleisen für 53€ das DZ an!

Ja und in Trier erwartet uns noch ein kurioses Erlebnis! Yvonne humpelte tapfer durch ganz Trier um den offiziellen Endpunkt des Moselcaminos zu erreichen, die Abtei St. Matthias. In der Hoffnung dort den letzten Stempel zu erhalten, klingelten, klopften und suchten wir erfolglos- Sonntags 15 Uhr war alles zu: Laden, Pilgerbüro, Pforte!
Doch dann sahen wir einen " Mitbruder" und sprachen ihn an. Er schüttelte den Kopf und sagte:" Sie glauben doch nicht wirklich, dass wir 24 Stunden für Sie da sind?!" Dass nicht, aber Sonntags Nachmittag, wenn es doch ein Pilgerbüro gibt! " Das ist nur für unsere Pilger geöffnet" , war die Antwort! Ja liebe Pilger es gibt auch hier Pilger verschiedener Klassen! Ich versuchte es nochmal, weil ich es schon traurig fand, mit dem Vorschlag eines frei zugänglichen Stempels ( festggepinnt im Briefkasten oder in der Kirche). Er schüttelte den Kopf und ich ließ ihn mit dem Nachsatz " Man könnte ja mal darüber nachdenken" ziehen.

Also liefen wir zurück in die Altstadt, an den Dom und zur Dominfo, wo wir mit freundlichen Worten einen Stempel und eine Adressenliste bekamen und wo es eine Pilgerzimmervermittlung gibt! Also hier wäre ein gutes Ende für den Camino und man spart ca.6 km.
An der Porta Nigra verabschiede ich mich von Yvonne und beziehe mein charmant- morbides Zimmer ( die Wäsche ist mit Monogramm bestickt und es gibt noch nostalgische Kippschalter)
bei den Schwestern von St. Joseph.
Hier plane ich die nächsten Etappen und reserviere vor, um entspannt zu laufen. Ich plane ein paar kürzere Etappen, damit sich meine Achillissehnen etwas erholen können.

Abends lese ich noch im neuen Caminoführer und bin verunsichert. Steht da wirklich die Wege sind kaum markiert und es gibt zu wenig Übernachtungplätze?!! Habe ich das beim Planen unterschätzt? Ich buche gleich die nächsten drei Übernachtungen vor und in Perl besorgt die Wirtin mir das erste französische Bett.
Morgens bin ich unausgeschlafen, weil ich Alpträume hatte. Ich schlief vor einer Kirche und ein Hund weckt mich. Später träumte ich der Weg bricht unter meinen Füßen weg. Mir war zum Heulen und draußen zeigte sich Trier im Regendunst! Schnell an Holger eine Jammer-sms geschrieben. Er tröstet mich und meint das wäre nur der " Blues", ich schaffe das schon! Was würde ich nur ohne meinen Mann machen? 
Also frühstücke ich allein in einem großen, holzgetäfelten Raum und verlasse das Stift um meine Vorräte aufzufüllen.Ich kaufe einen USB- Stick, um meine Bilder zu sichern, falls meinem Fotoapparat irgend etwas zustößt. Ich finde nach langem Suchen einen Laden, wo ich an einen PC kann. Der junge Betreiber spart sich lange Erklärungen und kopiert sie mir gleich auf den Stick und brennt mir eine CD, so dass alles einen " doppelten Boden" hat.
Ich schaue mir noch die Kaiserthermen an, bevor ich mich 12 Uhr auf den Camino mache. Das Schicksal will es, dass ich nochmals an der Abtei St. Matthias vorbei komme. UND?! Es ist nur von 14-17 Uhr jemand da. Das ist also ein Satz mit X, das war wohl nix!
Der Himmel ist grau und es nieselt und manchmal in " Strippen". Der Weg ist direkt der Radweg, also Asphalt und eingeklemmt zwischen Mosel, Straße und Eisenbahn. Nicht wirklich schön, aber dem Wetter angepasst.Dieses Grau stachelt meinen Trotz an und ich fühle mich allem gewachsen was da kommt.
Später lese ich:" Leben ist nicht zu warten, bis der Sturm vorbei ist, sondern zu lernen im Regen zu tanzen!"
Also tanze ich!
In Tanzen erwartet mich eine freundliche Wirtin, Frau Scheid, welche mir eine Kanne heißes Wasser für meinen Tee macht und sich zu mir setzt, als ich die mitgebrachten Teilchen esse. Wir unterhalten uns und das tut gut.
Eine 10 köpfige Pilgergruppe aus Meißen klopft an, sprengt aber die vorhandenen Kapazitäten. Frau Scheid gibt ihnen einen Tipp, wo sie zelten können,
Ich ruhe mich aus und gehe schon 21 Uhr schlafen.
Morgens bin ich völlig erholt und mich erwartet ein tolles Frühstück. O- saft, Kaffee, Käse, leckerer Quittengelee, Quark... alles was das Herz begehrt. Ich darf mir noch Mitnehme- Semmeln schmieren. Dann verlasse ich diesen heimeligen Ort und laufe hoch zum Römertempel, wo die jungen Leute gerade aufstehen. Unterwegs begegnet mir der Kürbismann, den ich euch nicht vorenthalten kann, denn ich habe herzlich gelacht!


Det Weg führt durch lichten Wald und das Grau des Himmels wird langsam heller, um den einen oder anderen Sonnenstrahl durchzulassen. Abwechselnd folgen große Weideflächen und Felder, sodass es einer Almwanderung nicht unähnlich ist. Nur dass dort die Kühe draußen sind und nicht wie am Ortseingang in Fisch im Stall brüllen!
Der Weg geht nun weiter zu der kleinen Rehlinger Kirche, welche einen frei zugänglichen, hübschen Stempel beherbergt.(Es geht!). Davor ist ein nettes " Pilgerdenkmal."


Nun ist es nicht mehr weit bis zu meiner Pilgerherberge in Merzkirchen, die ich im Sturmschritt mittags erreiche, weil der Himmel rabenschwarz wird. Ich darf mir ein Zimmer aussuchen, weil ich die Erste bin. Für heute ist ein halber, fauler Tag angesagt, den ich genieße.

Abends wird die Herberge voll, weil die Meißner Pilgergruppe einzieht. Noch eine Nacht wollen sie nicht draußen verbringen. 2 Jungs werden in mein Zimmer mit einquartiert, damit es passt.
Abends kocht Marry für alle Spagetti Bolognese und so gibt es eine Mahlzeit in großer Runde.
Ich gehe schon 22 Uhr schlafen, denn faulenzen macht müde.
Am nächsten Morgen frühstücke ich, bevor alle aus den Federn kommen und laufe 9 Uhr fröhlichen Herzens in die Morgensonne. Der Weg führt auf der alten Römerstrasse auf einem Kammweg mit wunderbaren Weitblicken über die hügelige, liebliche Landschaft. In der Ferne tauchen am Horizont Kühltürme von einem Kraftwerk auf und meine Gedanken werden davon beeinflusst. Mein grünes Herz schlägt beunruhigt! Diese Nähe zur Zivilisation ist mir nicht geheuer. Ich versuche es auszublenden, aber es gelingt schlecht!
Mir begegnen Rehe, ein Hase und eine Herde Kälbchen, die sich eng in eine Reihe stellen, als hätten sie Angst vor mir. Ich rede ihnen gut zu und dass ist meine einzige Kommunikation auf den nächsten 15km, denn ich begegne keiner Menschenseele. Der Weg führt bis Sehndorf nur durch Natur. Unterwegs übe ich schon mal französische Sätze und merke, dass mir noch Vokabeln fehlen. Also ist heute Abend noch Selbststudium dran.
In Sehndorf gibt es ein hübsches Café mit Terrassenblick in die Weinberge, wo ich einen Latte Macciato schlürfe. Mein heutiges Ziel Perl ist bald erreicht und ich laufe noch bis zur Luxemburgischen Grenze und setze meinen Fuß darüber, um dann noch zur französischen Grenze zu laufen um das Selfi zu schießen.
In Perl habe ich wieder eine plüschige Herberge bei einer lieben Oma.
Zeit zum duschen, ausruhen und Essen gehen. Die letzte Nacht in Deutschland!

2 Kommentare:

  1. Liebe Bruni,
    grüße mir unser schönes Nachbarland. Ich kenne die Franzosen als sehr hilfsbereite Menschen gerade wenn man so bescheiden unterwegs ist wie du. Ich hoffe, du triffst auf viele freundliche Menschen.
    Gutes Durchhalten.
    Herzliche Grüße
    Bettina aus Dresden

    AntwortenLöschen
  2. Liebe Bruni,
    grüße mir unser schönes Nachbarland. Ich kenne die Franzosen als sehr hilfsbereite Menschen gerade wenn man so bescheiden unterwegs ist wie du. Ich hoffe, du triffst auf viele freundliche Menschen.
    Gutes Durchhalten.
    Herzliche Grüße
    Bettina aus Dresden

    AntwortenLöschen