Die Kathedrale hatte ich natürlich auch besucht und sie ist gigantisch. Von innen und von außen soviele Verzierungen, Skulpturen, Türme. Mehrere Altäre goldlastig und vom Auge nicht erfassbar, Soviele Kunstwerke, Audioguide,2 Kreuzgänge... nach 11/2 Stunden war der Speicher voll und ich lief auf einen Berg, wo die Stadt mir zu Füßen lag. Wunderbare Stimmung kurz vor Sonnenuntergang und viele Menschen auch da.
Die Zeitumstellung verkürzte die Nacht und so liefen wir recht spät los. Die ersten 10 km liefen sich von allein und dann schickte ich Simon vorn weg, denn ich wollte mein Tempo allein bestimmen.
Nun kam nach Rabe de las Calzados die Meseta. Diese weite Hochebene, die von jedem anders erlebt wird und von manchen Pilger als schrecklich empfunden wurde bzw. im Sommer zum Delirium führte. Alles Pilgergeschichten, die sich am Weg erzählt werden.
Ich hatte perfektes Wetter, Sonne, leichter Wind, 25 Grad!
Ich schritt auf das Plateau und war fasziniert von der Weite, der Stille, der kargen Landschaft und den zarten Wolkengespinsten am Himmel. Es ist nicht langweilig, sondern hügelig und der Boden wechselt. Riesige Felder, die auch hier nach der Bearbeitung platt gewalzt werden, damit der Wind nicht soviel abträgt. Wenig Strauchwerk und Bäume, große Steinhaufen. Einzigartig!
Nach 7 km kam das nächste Dorf und ich machte Mittagspause. Dann zog es mich weiter und ich erfreute mich an der Weite. Auf einem Steinhaufen hielt ich Inne und sog die Stille auf. Es war garnicht so still. Das trockene Gras raschelte im Wind und Vögel zwitscherten. Einmalig schön. Nach 32 km kam ich in Hontanas an und bezog die Herberge, die im Laufe des Nachmittags voll wurde. Simon kochte uns ein einfaches Essen, denn der Laden gab nichts her. Es war aber immer noch besser als die Massenabfertigung der Pilgermenüs.
Der nächste Morgen begann früh, da der erste Wecker 6 Uhr klingelte. Ich beschloß mit aufzustehen, denn die Ruhe ist eh vorbei. Ich trank einen Kaffee und ging in der Dämmerung in die Meseta. Nach 15 Minuten war ich in der abgeschiedenen Stille und der dunkelblaue Nachthimmel lichtete sich langsam, am Horizont zeigte sich die Morgenröte und ließ den Tag erwachen.
Es ging ein leichter Wind und die Temperatur stieg nur langsam, aber der Tag war perfekt zum laufen. Die Sonne schaffte es selten durch die Wolken, aber das dämpfte die Freude nicht. Ich kam an den Ruinen von San Anton vorbei, in denen im Sommer Pilger übernachten können. Leider alles zu. Im nächsten Ort suchte ich einen Laden zwecks Frühstück, aber der Einzige hatte geschlossen. Dafür fand ich eine offene Tür im "Haus der Stille" (Meditationsräume am Weg), wo ein Keks und zwei Stück Schokolade auf mich warteten.
Nach Castojeritz ging es mit 13% Steigung auf einen Tafelberg der Meseta. Oben angekommen sah ich, dass die Erde eine Scheibe ist! Wer anderes behauptet, der irrt! Es ist Wahnsinn, soweit das Auge schaute, plattes Land! Nach ca.2 km ging es mit 18% Gefälle wieder nach unten, die ich joggend überwand, weil ich dass als weniger anstrengend empfand. Dort schaute ich in weitere Weite. Ich machte eine Pause und schrieb mir die Sätze zur Reservierung eines Bettes auf, um mich telefonisch anzumelden. Ich rief an und las schön langsam meine Sätze vor und wartete immer auf ein "si". Am Ende sagte, der Mensch am anderen Ende der Leitung:" Das können wir so machen. Wie war dein Name?" Nun war ich buff. Ein Spanier, der deutsch spricht- sehr selten bisher! Er erklärte mir später, dass er in Deutschland studiert hat.
Vor Itero de la Vega beginnt die Provinz Palencia, wie ein Schild verkündet.
Im Ort fand ich einen offenen Lafen und kaufte mir Proviant, mit dem ich mich auf eine Bank setzte und ein "Frühmittag" abhielt, Die letzten Kilometer bis Boadilla del Camino waren schnell geschafft und 15 Uhr, mit Beginn des Regens zog ich in eine gemütliche Herberge mit Kaminzimmer ein. Der Schlafraum ist recht groß und ich hoffte, dass er sich nicht füllt. Was bei dem Wetter aber unwahrscheinlich war.
Ich hatte Glück, denn es kam eine größere Koreagruppe und der Wirt macht den zweiten Schlafsaal auf, sodass nicht alle Betten belegt wurden. Abends saßen wir international (Spanier,Franzosen,Italiener,Kanadier,USA,Rußland, Koreaner,Schottland und Deutschland) zusammen und es ging sehr gesprächig zu. Der Schotte mischte alles auf und als er mich fragte, wo ich herkomme und begriff, dass ich alles gelaufen bin, war ehrfürchtiges Schweigen am Tisch. Es kommt eine Frage; "Alone?" Nach der Antwort nur noch Kopfschütteln und " Verry crazy!" Ups, langsam wird es mir peinlich!
Am nächsten Morgen goß es in Kannen. Keiner stand auf und so schlich ich mich raus, packte und ging frühstücken. Ich brach auf, als die anderen sich aus den Betten schälten.
Der Wind entrieß mir die Tüte zum Schutz des Reiseführer und ich rannte ihr hinterher. Als ich aus dem Dorf in die Ebene kam beutelt mich der Wind und ich fühlte mich wie ein Windbeutel! Der Regen klatschte an die Brille und ich trotzte dem Wetter, obwohl mich der Wind fast in den parallel verlaufenden Kanal pusten wollte. Hier kamen die Stöcke richtig zum Einsatz. Der Himmel war herrlich anzuschauen: voll unterschiedlicher Wolkenformationen von dunkelgrau bis lila- blau- schwarz und am Horizont ein azurblauer Streifen. Da musste ich hin! Nach einer Stunde hörte der Regen auf und in Fromista hatte der Wind das Cape schon getrocknet! Ich wechselte in die Regenjacke, denn der Wind war kalt und ich hatte kurze Hosen an.
Beim Bäcker kaufte ich mir ein Teilchen und wartete bis 10 Uhr, da da laut Führer die Kirche öffnen sollte. Es kam keiner und ich hatte keine Lust länger zu warten. Inzwischen kam ab und an die Sonne raus, der Wind blies aber lustig weiter.
Ich lief kurzzeitig auf der "Pilgerautobahn", welche mit EU-Mitteln parallel zur unfallbekannten Straße gebaut wurde. Es ist irgendwie irrwitzig in einer Landschaft, wo kilometerweit nix ist, an einer befahrenen Straße zu laufen.
Aber nach 5 km gibt es eine Alternativroute und die ist 1 km länger, also abgebogen und Meseta pur erleben. Ich war völlig allein unterwegs und so ließ ich meinen Gedanken freien Lauf.
Sie beschäftigten sich mit Freundschaft, deren Wesen und deren Veränderung. Die Gedanken kamen nicht von ungefähr, hatte ich doch eine mail von einer wirklich langjährigen Freundin erhalten, die mir ihre Freundschaft kündigte. Per mail!!! Nach fast 30 Jahren! Früher hätte man es aussprechen müssen und dann hätte man sich aussprechen können...
Es hat mich tief getroffen, zumal mir der Grund völlig fehlt. Was war der auslösende Moment? Denn gerade sie hat auch gut ausgeteilt und sie war für mich damit ein Spiegel und sie durfte mir Sätze wie: "Naja am Hintern hast du ganz schöne Satteltaschen gekriegt!" sagen. Das war der Kern unserer Freundschaft, dass wir kein Blatt vor den Mund nahmen. Den Anderen akzeptieren, seinen Lebensweg begleiten und ab und an mal den Spiegel vorführen. Tolerant für die verschiedenen Wege, die wir beschritten haben. Meiner Kurvenreich mit Sackgassen, ihrer langsamer, dafür gerade. Es hat uns nie gestört, dass wir so verschieden sind.
Wieviele Freundschaften hatte ich in den Jahren? Zeiten der engen Berührungspunkten oder Lebensabschnitten, die intensiv waren, um sich dann mit sich ändernden Situationen sich " auszuschleichen". Mit abrupten " Abgängen" habe ich immer ein Problem. Aber der " Camino" lehrt mich die " Schnelleren" ziehen zu lassen und die " Langsameren" gehen zu lassen. Loslassen und schauen, was als nächstes kommt. Gerade unterwegs wird mir klar, dass es zu Hause Menschen gibt, die mir sehr freundschaftlich zugewandt sind, was mir zu Hause noch nicht so stark bewusst war.
Inzwischen kam ich an einer einsamen Kirche vorbei, wo ich ein windgeschütztes, sonniges Plätzchen fand, um eine Siesta zu halten.
In Villacazar de Sierca besichtigte ich die Kirche Santa Maria la Blanca. Als ich von draußen fotografieren wollte, streikt die Kamera. Warum? Der Akku war frisch geladen.
Ich ging erst mal nach Carrion de los Condes zur Herberge Santa Maria, welche vom Augustinerorden geführt wird. Die Schwester ist sehr rührig und zeigt mir das Haus, bevor ich entscheiden muss. Ich bekam Tee und Kekse und ich blieb, obwohl der Schlafsaal gross ist. Linda aus Tenessee übersetzte und ich fühlte mich gut aufgehoben. Nach dem Ankommem kochte ich meinen Camino- Tee. Am Weg fand ich Hagebutten, in Fromista Pfefferminze und vor Ort Ringelblume. Ich lud die anwesenden Frauen und Schwester Maria ein und sie waren erstaunt. Mit kleinen Sachen kann ich Freude machen.
17.30 Uhr war "Cantar i Caminar", (sing und lauf), das Pilgersingen statt. Das war wieder ein lustiger Teil des Weges. Alke anwesenden Nationen sangen ein Lied in ihrer Sprache. Am lustigsten klang " Imagine" auf koreanisch. Wunderbar, dieses verbinden der Pilger. Nachher kochte ich mir etwas zu essen und ging zur Pilgermesse. Sie ist wieder ganz anders, aber ich kam zur Ruhe und konnte den Tag vorbei ziehen lassen. Vier Schwestern sangen zur Gitarre und erfüllten die Kirche mit ihrer Sangesfreude.
Am Ende bekommen wir den Segen und einen Papierstern, der uns begleiten soll. Als ich zurück kam, schaute ich kurz in mein Mailfach und fand eine liebe, lange mail von meiner Pilgerfreundin, die mur liebe Worte sand und meinen Weg immer weiter mitverfolgt. Diese mail nach diesen Gedanken am Tag. Zufall?
22 Uhr wird das Licht gelöscht. Es ist ein katholisches Haus und alle hielten sich dran und so war Ruhe im Raum.
6 Uhr klingelte der erste Wecker und ich bin schon so routiniert, dass ich mit einem Griff alle meine Sachen aus dem Schlafraum schaffe und so nur minimalst die anderen störe, wobei es wieder nicht mein Wecker war, der klingelte. Lisa ging mindestens 5x hin und her, bevor sie alles draußen hatte. Ich könnte Pilger- Optimierungskurse geben. Aber erst einmal kochte ich mir Kaffee und belegte ein Brot, um für die ersten 18 km Einsamkeit gewappnet zu sein. Es schüttete wieder in Strömen und so telefonierte ich per Weckruf mit Holger ehe ich mich 7.30 Uhr in den Regen wagte. Es war recht frisch und so zog ich die Regenjacke gleich drunter. Der Wind ließ das Windbweutelgefühl wieder erwachen und ich zog ein Tuch über die Ohren, denn ich hatte noch nachts das Pfeifen des Windes im Ohr. Das Wetter wechselt zwischen Wind mit Regen und Wind ohne Regen. Ich schaute in die Landschaft und erfreute mich des allein seins. Nach einer Stunde überholte mich ein Radfahrer und kurz vor Calzadilla de la Cueza ein anderer Pilger. Im Ort trank ich einen Kaffee und aß ein Käsebrot, bevor es weiter ging. Mein Fuß drückt an der Ferse und ich denke, es ist die alte Blase, die juckt. Also trete ich absichtlich auf dicke Steine, des Massageeffektes wegen. Nach 23km wurde mir klar, dass die Blase an der anderen Ferse war. Na super. An der nächsten Bank schaue ich nach und habe eine neue Blase unter der Hornhaut. Nicht lange überlegt, aufgestochen und abgeklebt. Autsch! Die ersten Meter schmerzten, aber dann lief es fast rund.
Nach 30 km überlegte ich, ob ich Schluss machen sollte oder weiter laufen. Die Vernunft siegte und ich kehrte in Moratinos in der " Halloween- Herberge" ein.
Gruslig, guter Zufall! Der Wirt spricht deutsch( hat in der Autoentwicklung bei VW gearbeitet) und fragt nach den woher und wohin und staunt, als ich es ihm erzählte. Danach staunte ich. Für 10€ hat er mir ein Dreibettzimmer für mich allein freigeräumt!!! Allein, allein juhu. Es ist an alles gedacht: Schoki auf den Handtüchern, Shampoo, Fön, Fußerfrischungsgel, Seife, Bettwäsche und Bettzeug. Ich bin total happy.
Am 31.10. ist hier große Halloweenparty und dann ist Winterruhe. Das ganze Haus ist ein Gruselkabinett und richtig witzig. Ich genoß die Dusche und beschloss Umsatz zu machen, indem ich einen Tarte de Santiago ( Mandelkuchen mit Apfelmus) und ein Radler bestellte. Auf der Karte gibt es auch Weisswürste und Weissbier. Er war also auch in München.
Abends saß ich mit Samuel( Mexico) am Tisch. Wir waren die einzigen Pilger! Wo
waren die anderen geblieben? Wir unterhielten uns und ich hatte die Tochter ( 1,8 Jahre) des Wirtes auf dem Schoss und brachte ihr ein Fingerspiel in deutsch bei, was sie toll mitmachte und immer wiederholen wollte. Bruni bei der Arbeit. Noch nichts verlernt!
21Uhr gingen wir auf unser Zimmer. Ich entdeckte 3 kleine Pickel auf meinen Arm und wurde hysterisch. Ich hatte eine Stunde auf dem Bett gelegen. Sind dass Bettwanzenstiche? Mir graust und ich nahm das Bettzeug runter, holte meinen Schlafsack raus und sprühte alles mit Spray ein. Von nun an juckte es mental überall! Gute Nacht!
Am nächsten Morgen war alles weg. Also Fehlalarm! Muss an der Gruselumgebung gelegen haben.
Als ich aus der Herberge kam, war Waschhauswetter. Grau, neblig, nieslig. Sichtweite 30 Meter. Ich lief auf aufgeweichten Wegen ( es hat ja die letzten Tage ausgiebig geregnet) und meine Schuhe bekamen eine dicke Schlammsohle. Da der Wind nicht mehr so stark war und der Niesel nicht so schlimm war, verzichtete ich auf mein rotes "Ballonkleid" und zog nur die Regenjacke über. Das erste Dorf sah ich erst, als ich drin stand. Dannn wurde es heller und ich erreichte Sahagun, was laut Führer bedeutungslos ist. Ich ging in einem Laden, um Proviant zu kaufen. Der Besitzer verwickelte mich in eim Gespräch in Englisch und war begeistert von meiner Tour. Er wollte mir eine eingelegte Makrele aufschwatzen und der Gedanke an einen losen Fisch im Rucksack ließ mich erschauern. Ich sagte ihm, dass ich mehr der süße Typ sei. Er sieht es ein und meint ich sei auch eine Süße und schenkte mir einen Mandelkeks. Na das ich doch mal was. Er gab mir einen Stadtplan und zeigte mir die Sehenswürdigkeiten, die man gesehen haben muss. Also auf zum Stadtrundgang. Benedektinerkloster, Arco de San Benito, Iglesia de San Tirso und zur Santnario de la Peregrina. Das ist eine ehemalige Kirche mit einer "Virgen de la Pelegrina" , welche wunderbar harmonisch modern zum Museum umgebaut wurde. Ich schaute es mir an und bekam dort eine kleine Compostela, denn hier ist der halbe Jakobsweg geschafft. Eine nette Urkunde. Na ja, ein bisschen mehr sls die Hälfte ist es bei mir. Nach Shagun lief ich meinen 3000 Kilometer heute. Wahnsinn, bald geht es zu Ende.Schluchz!
Die Meseta zeigte sich auch heute wieder herrlich einsam ( ich ging wieder die Alternative weg von der Autobahn). Der Regen ließ die herbstlichen Farben satt erscheinen und die Erde roch feucht. Herbst in dieser Landschaft ist ein Traum.
Ich lief nach Calzadilla de los Hermanillos, wo die Gemeibdeherberge noch offen ist. Ich bin der erste Gast und der Hospitalero kommt aus New York und ist ein alter Pilger, der schon verschiedene Wege gegangen ist. Die Herberge ist die bisher einfachste und ziemlich kalt. Es ist die ehemalige Schule, die mit einem Heißlüfter beheizt wird. Sie schließt Ende des Monats. Alles ist ziemlich alt und es riecht modrig, aber sonst gibt es hier nichts mehr. Also Isomatte benutzt und alles wieder eingesprüht. Sicher ist sicher. Nach und nach füllte sich das Haus. Saul, Kathrina aus den USA, drei Franzosen und Daniel kamen.
Daniel und ich beschlossen zu kochen und der hiesige Laden ist ein Unikum. Der Besitzer versuchte uns alles zu verkaufen, was es gab. Wir entschieden Bratkartoffeln mit Sardinen und Ei zu essen. In der Küche fand ich Reis und Kakaomilch hatte ich auch noch, also gab es Milchreis als Nachtisch.Mit einer Flasche Wein war es ein perfektes Pilgermenü und kostete gerade mal 5€.Ein Deutscher, Andreas, trudelt noch spät ein und freute sich über unsere Reste. Allerdings waren die schon reduziert, hatte sich die Französin beim Kochen gütlich getan. Daniel heizte den Kamin an und so war es ein wunderbar- gemütlicher und warmer Abend.Andreas erzählte, dass er vor 4 Jahren den ersten Camino gelaufen ist und nun süchtig ist. Er beging gerade seinen 11. Camino von Madrid nach Leon. Am Zag 40-50 km. Dass sind die Harten.
Ich schlief schlecht, da das Bett recht kurz war und ich ständig am Fußende anstieß. So war ich wieder mal froh, dass ich 6.30 Uhr aufstehen durfte. Ich machte mir Frühstück und fragte Andreas, ob wir ein Stück gemeinsam gehen wollen. Er meinte ich?solle schon mal gehen, er braucht noch 1/2 Stunde und er holt mich eh ein! So ein Angeber! Ich laufe 18 km geradeaus auf einer alten Römerstraße ( dass hatte ich doch schon mal) und überhole 3 Pilger, ansonsten bin ich allein. Es ist irrwitzig immer den Horizont zu sehen und doch immer weiter durch Landschaft zu laufen, die wieder anders war. Heute war es trocken und die Sonne ging auf und es stiegen die Nebel auf. Irre schön. Ich fotografierte wie eine Wilde.( Das Akku hatte den Geist aufgegeben, aber ich hatte noch eins.)
Nach 18 km stand ich an der Kante des Plateaus und sah das erste Dorf für heute. Im Dorf wehrte ich erfolgreich ( ohne Angst) einen Hund mit den Stöcken ab. Wau, der Weg macht etwas mit mir!
Nach der langen Einsamkeit ging es 6km an einer kaum befahrenen Landstraße lang, bevor es 6 km parallel zur Nationalstraße ging. Dann kamen 2 schreckliche Kilometer direkt auf dem Standstreifen der Straße. Die heutige Aubergue lag direkt an dieser Straße und viel somit aus. Die Nächste roch nach alten Fett. Davor saßen 4 junge Pilger und einen kannte ich vom sehen. Ich fragte, ob sie bis Leon ( neue Provinz) liefen und ob sie mich mitziehen würden.Kein Problem! Pilger sind herrlich unkompliziert. Sie hatten auch noch einen coolen Herbergstipp. So kam ich nach 8 Stunden und 43 km mit Blase in Leon an.Andreas hatte mich nicht überholt! Ich bezog das fast letzte Bett und Jakob, der Pilger aus München, war so lieb, mir das Bett unten zu überlassen. Er meinte:" Mist, eine gute Erziehung ist schon anstrengend." Er beginnt seinen ersten Job im Januar in der bayrischen Verwaltung.
Abends zog ich durch die Stadt, die wieder voll Leben war. Alle jungen Leute liefen in Halloween-Kostümen durch die Stadt. Überall gab es Partys. Ich ging in eine Bar, wo es zu jedem Getränk ein Bocadillo gratis gab. Super, für 1,70€ ein Glas Rose und ein Pulpo - Bocadillo. Das nahm ich glatt zweimal.
Nach 3 Stunden Schlaf wurde ich wach, weil es mich juckte! Ich ging ins Bad und schaute nach UND es hat mich erwischt. Typische Bisreihe am linken Arm und Bein. Super, die Herberge machte einen sauberen Eindruck und beim inspizieren war mirnichts aufgefallen. Was nun? Ich gehe zum Nachtwächter und erklärte mit Sprachapp das Problem. Er wollte mich mit ein Spray wieder ins Bett schicken! Vergiß es! Ich holte meine ganzen Sachen aus dem Zimmer und begann alles zu waschen und was ich nicht waschen konnten mit dem Spray kräftig zu behandeln. Dann wartete ich bus die Klamotten im Trockner fertig waren und zog mich um und szeckte den Test in die Waschmaschine. Dann ging ich für 3 Stunden schlafen und bekam dafür ein Einzelzimmer, dass ich auch aussprühte. Der Typ huelt mich für verrückt, stellte sich aber nicht dagegen. Ich bat ihn, mir die restliche Wäsche zu bringen, wenn sie fertig ist. Als ich aufstand war schon Schichtwechsel und mein Handtuch war unauffindbar!? Die Rache für eine verdorbene Nachtschicht? Ich war richtig sauer und übermüdet. Die Ablösung hatte auch keine Idee, erklärte mir aber, dass es mein Problem sei. Dieses Haus wäre sauber! Würde ich auch behaupten!
Ich nahm meine Sachen und lief zur Kathedrale, die 9.30 Uhr öffnete und schaute mir dieses gewaltige Bauwerk als erste Besucherin an. Faszinierend diese grazilen Konstruktionen und die einmaligen Glasfenster.
Anschließend lief ich zur Touristen-Info, um noch eine Übernachtung zu finden, denn ich wollte Leon näher anschauen. Die Dame hatte keine Lust mir etwas zu vermitteln und gab mir die Liste aller Hotels und Pensionen. Ich lief die ersten Beiden ab, alles war voll. Meine Nerven lagen blank und ich rief Holger an. Er tröstete mich, schaute ins Netz und buchte über booking ein Hotelzimmer. So war dieses Problem gelöst, ohne dass ich 20 Hotels ablaufen musste. Die Stadt ist voll, da hier Halloween groß gefeiert wird und der 1.11. Feiertag ist, wo die Familien zusammen kommen.
Ich bezog mein Zimmer und ging in die Stadt, mir ein neues Handtuch kaufen und eine Fahrt mit der Touri-Bahn zu unternehmen. Dabei stellte ich fest, dass ich schon viel gesehen habe.
Mutig ging ich in eine Apotheke, um mir 2 Spritzen und Jod zu kaufen, denn die Blase wurde nicht besser. Allerdings hatte ich noch nicht den Mut sie mir zu setzen. In einem Cafe probiere ich Churros aus.
Als die Rechnung kam zeigte ich meine Credenzial und Saul sagte auf spanisch, dass es fas bestw Pilgermenü auf dem Weg war. Die Kellnerin schaute irritiert und David meinte für 10€ sei es viel gewesen. Darauf meinte die Kellnerin irritiert, dass müßte ein Mißverständnis sein. O.k. wir gaben zu dass es ein Spass war und sie entspannte sich und zog die Kreditkarten durch. Nur Danielle und ich hatten Bares auf den Teller gelegt. Dadurch wirkte der Spas echt.
Nach einer Siesta sah die Welt wieder besser aus und ich ging nocheinmal auf Entdeckungstour. Ich schaute mir das alte Pilgerhospital an, was jetzt ein Parador-Hotel ist. Dort durfte ich die Hallen und den Kreuzgang besichtigen. Ich lief am Rio Bernesga ins Kneipenviertel und traf einige Pilger wieder, so Saul, Xenia, Gabrielle und David. Wir saßen im Straßencafe und Xenia sang zur Gitarre von Mario ( Spanier) und entpuppte sich als total locker. Am Anfang war sie sehr reserviert. Nun saß sie entspannt da, rauchte, trank und sang immer lauter. Als ich von meiner Misere erzählte, zeigte sie mir "ihr Problem". Sie hat es auch erwischt. Saul war entsetzt! Er meinte ich sei die sauberste Pilgerin, die er kennt. Er bewundert mich, weil ich jeden Tag alles wasche. Gut beobachtet, ist aber keine Garantie!
Saul hatte einen Tisch in der Bodega Regia reserviert und fragte, ob ich mitkommen wolle. Na klar, in Gesellschaft ißt es sich besser. Die Bodega erwies sich als Sterneküche und das regionale 6- Gänge- Menü war ein Fest für den Gaumen. Saul ist ein Kenner von regionalen Weinen und ein Gourmet. David, Gabriele und Cappi (NY) waren mir dabei und wir hatten einen herrlichen abend. Als wir nach 24 Uhr das Lokal verließen, waren die Straßen noch voller Menschen und aus den Bars klang Musik. Aber ich war ein müdes Pilgerlein und so ging ich schlafen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen