Ich blieb allein in meinem Zimmer, obwohl noch andere Pilger eintrafen. So konnte ich die Mazratze auf den Boden legen, denn das Doppelstockbett war mir suspekt. Unten zu wenig Platz nach oben, oben zu wacklig! Der Krach der Kneipe war enorm, aber Gott sei Dank gibt es in jedem Land einen Klassik- Radiosender, sodass ich gut schlafen konnte. Am anderen Morgen verließ ich als erste das Haus und schloß auf. Ich liebe diese Stunde der Dämmerung. Es ist absolut still, ich bin allein und ganz allmählich wird es hell und das Vogelgezwitscher setzt ein. Dann sieht man, was für ein Tag es wird. Diesmal ein grauer und nasser Tag. Die ersten Stunden hielt es sich und dann musste aber das Rote wieder raus. Im ersten Ort wollte ich frühstücken, aber die Bar war geschlossen. So lief ich weiter und hielt ein spätes Frühstück nach 17 km. Na da hatte mein Körper sicher schon einiges verbrannt. In der Bar hatte ich ein besonderes Erlebnis. Normalerweise sind die Toiletten in den Bars sehr speziell und eng. Diesmal gab es eine, wo man sein Gespräch nicht unterbrechen mussze, wenn man den Andeten mitnahm. Also ehrlich Mädels, dass ist doch was für uns zu Zweit Geher!
Im nächsten Ort traf ich einen Pilger, der von einem Spanier am weitergehen gehindert wurde und bat mich um Hilfe. Er hieß Volker und kam aus Jena. Das Problem war, dass der Alternativweg angeblich zu matschig sei und er sollte die Straße nehmen. Ich sagte, wenn er Angst um seine Schuhe hat, dann sollte er den Rat annehmen, aber ich gehe nicht freiwillig an einer Nationalstraße. Er sah es genauso und so liefen wir bis Astorga zusammen. Er erzählte, dass er den Weg sportlich nimmt, also so schnell wie möglich! Besichtigungen sind nicht vorgesehen. So trennte sich unser Weg in Astorga schon wieder, denn 32 km reichten und ich wollte die Kathedrale und den Bischofspalast (S. Gaudi) besuchen. Also ab in die Herberge, frisch gemacht und Siesta abgewartet. Nach dem Duschen ging mein Blasenpflaster ab und die Blase war schon wieder voll Flüssigkeit. Also nahm ich meinen ganzen Mut zusammen und das Spritzenset aus der Apotheke. Ich stach in die eine Seite rein und zog die Flüssigkeit raus und mit einer neuen Spritze spritzte ich auf der anderen Seite Jod rein. Es ging besser als erwartet und ich bin über mich selbst erstaunt. Nun hoffe ich, dass ich bald Ruhe habe.
Im ekligen Nieselregen ging ich auf Besichtigungstour. Aber was war los? Kirche zu, Museum zu, Supermarkt macht auch nicht auf??? In der Herberge frage ich nach und erfuhr, dass der Kreis Leon Montag nachmittag Siesta hält! Na super! Also für alle Blogleser, die sich fragen was mit mir los ist ( ich erfuhr, dass es wieder so klingt, dass ich zuviel in der Kneipe bin), ich werde gezwungen essen zu gehen! Leider wird nur in wenigen Herbergen gekocht und gemeinsam habe ich noch gar nicht erlebt. Eigentlich recht schade.
Abends ging ich zur Messe und genoß die Atmosphäre des spanischen Gottesdienstes, wo viel gesungen wird.
In der Nacht regnete es durch und auch morgens startete ich in Regenmontur. Nach einem doppelten Frühstück machte ich mich auf in die " Leoner Berge", einer herrlichen Hügellandschaft, welche sich Margateria nennt.
Hier wachsen vor allen kleine Kiefern, Eichenbüsche, die recht spitze Blätter und nur fingernagelgroße, schlanke Früchte haben, Ginster, jede Menge wilder Thymian, Lavendel und Rosmarin, welche der feuchten Luft ein fein- würziges Aroma geben. Ich genoß wieder jeden Schritt, auch wenn es stetig bergan ging. Der Regen ließ nach und nach 2 Stunden ist er vorbei. Ich laufe durch die Dörfer, die alle fast menschenleer sind. In Rabanal de Camino kaufte ich mir etwas zu essen und setzte mich in die kleine Kirche des Klosterordens. Das Kloster selber hat bis April geschlossen. Dann ging es zum Endsport eine steile Schotterpiste, welche vom Regen gezeichnet war, bergauf nach Foncebadon auf 1500 m Höhe. Der Himmel riß auf und die Sonne zeigte sich, so dass der Ausblick herrlich ist. Das Dorf war vor Jahren vollständig verlassen und wurde in den Büchern als Geisterdorf mit streunenden Hunden erwähnt. Für mich somit das schwierigste Dorf! Aber in den letzten Jahren haben sich Menschen gefunden, die aus den alten Steinen neue Häuser bauen und so gibt hier 4 Herbergen von unterschiedlichen Ansatz und Komfort. Und viele verfallene Häuser und ein paar Neue.
Ich entscheide mich nicht für das Templerleben, sondern für das alternative Konzept, mit Yoga. Ich wurde von einer wirklich hübschen Spanierin in einem süßen Deutsch begrüßt. Im offenen Kamin knisterte das Feuer und es gab selbst gebackenen Müslikuchen. Ich war die Erste, die eincheckte und hatte freie Bettwahl. Die Dusche war super sauber. Ich setze mich an den Kamin und bekam heißes Wasser für meinen heutigen Camino-Tee! Ringelblume und Thymian. Lecker. Ich beobachtete das Geschehen im Raum und es war sehr interessant. Es wurden verschiedenste Sachen geraucht und die Herberge füllte sich mit allen möglichen bekannten und neuen Gesichtern.Auch einigen Deutschen. Es wurde voll.
Ein Typ machte interessante Musik auf einem Alphorn- ähnlichen Plastikrohr.
Abends wurde für alle vegetarisch gekocht und das Herbergsteam war mit 40 Leuten völlig überfordert. So wurde das Essen zur Mitropa-Ausgabe, was etwas schade war. Mario, der Koch drängte allen sein " Fooddesign" auf, indem er Vorspeise ( Käse und Chorizo), Salat, Olivenöl, Salz und Pfeffer in die vegetarische Paella bugsierte, denn nur so war es schmackhaft. Es war eine fröhliche Stimmung im Raum, doch der Tag forderte seinen Tribut und so zog ich mich bald zurück und ging schlafen.
20 Leute in einem Raum sind schon der Härtetest! Ich hatte mich extra ans Fenster gelegt, um die Luftzufuhr zu gewährleisten. Als ich es öffnen wollte, musste ich feststellen, dass es zwar Fensterläden waren, dahinter aber kein Fenster, sondern Dämmung. Also ein anderes Fenster geöffnet. Doch ich hatte nicht mit den Spaniern gerechnet! Kaum war es auf, war es wieder zu! Molto frio!
Nachts war ich mal draußen und als ich reinkam roch es wie im Pumakäfig! Also leise Fenster auf. Ich lag noch keine 10 Minuten im Bett, da war es wieder zu. " Lieber im eigenen Gestank erstickt, als an der frischen Luft erfroren!"
Nun sollte es zu einem Highlight des Caminos gehen- zum Cruz de Ferro. Das Wetter spielte so gar nicht mit. Morgens herrschte fetter Nebel und es nieselte. Also erst gefrühstückt und dann in die " Suppe". Ich schließe mich Thomas an, mit dem ich gestern abend geklönt habe, weil ich befürchte, dass ich verträumt wie ich bin, vielleicht den Weg verpasse. Man hört ja so Geschichten. Thomas hatte nix dagegen und auf dem Weg haben wir uns todgelacht. Ich hatte so einen Alpenkreuzweg vor Augen, links und rechts Abgang. Aber das hier war eine Spazierstraße. Da kann man nix verpeilen. Das Kreuz war weniger spektakulär als erwartet, aber dass kann auch an dem grausligen Wetter gelegen haben. Ich steckte meinen weitgetragenen Schmunzelstein in das Kreuz, machte ein Foto und weiter ging es. Der Himmel riß ein wenig auf und so konnten wir auf herbstfrohe Bergrücken schauen. Der Weg war matschig und geröllig und erforderte Bergab die volle Aufmerkskeit. Es regnete mal weniger, mal mehr und wir liefen durch zwei wunderhübsche Bergdörfer mit schiefergedeckten Steinhäusern.
Bevor wir nach Ponferrada kamen hörte der Regen auf und ein paar Sonnenstrahlen brachen durch.
Die Herberge ist sehr groß, aber wir hatten Glück und bekamen ein 4-er Zimmer.
Wir gingen in die Stadt und schauten uns schnell (1/2 Stunde vor Schließung) die Templer- Ritterburg an und sie ist sehr beeindruckend. Dann kauften wir uns etwas zum Abendessen und kehrten in die recht volle Herberge zurück.
Fotos Cruz
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