Montag, 13. Juli 2015

" Tue erst das Notwendige, dann das mögliche und plötzlich schaffst du das Unmögliche" Franz von Assisi

Dieser Satz begrüßte mich vor der Touristinformation in Kamenz, welche sich in der Klosterkirche St. Annen befindet.
Er wiederspiegelt so ziemlich genau, wie ich mich fühle. Heute habe ich die 7. Etappe geschafft und die 200km- Marke ist überschritten! Yipiheh!
Ich habe die ersten Pilgerlektionen gelernt. Z. Bsp. es heißt nicht, dass wenn eine Telefonnummer an der Pilgerherberge steht, dass ich dann Einlass bekomme. So geschehen in Nebelschütz, wo mir am anderen Ende der Leitung erklärt wird, sie hat jetzt keine Lust zu kommen ( 17 Uhr), ich hätte vorher anrufen müssen! Ich soll bis Kamenz weiter laufen oder um die Ecke in den Gasthof gehen! Also ging ich nach Kamenz, wo mir der Schlüssel für das Türmerhaus auf dem Hutberg ausgehändigt wurde. Dort lernte ich Lektion zwei: Wenn du eine Pilgerherberge in Anwesenheit eines Radpilgers putzt, damit sie gewissen hygienischen Ansprüchen genügt, heißt das nicht, dass ich sie am nächsten Morgen ( nach Verschwinden des Radpilgers) noch geputzt vorfinde. Aber abends hatte ich ein " erleuchtendes" Erlebniss! Ich lag bei offenen Fenster ( vergittert, da im Wald) in meinem kuscheligen Yetischlafsack und war am Abgleiten ins Land der Träume, als meine Augen Licht streifte. Ich öffnete die Augen ( -5 Dioptrien Sehstärke) und sah über mir einen kreisrunden, neongrünen Lichtkreis, der sich bewegte. Der erste Gedanke war nächtliche Besucher mit Taschenlampe. Aber Neongrün! Also Brille auf die Nase und: Es war ein Glühwürmchen, was sich  verirrt hat. Ich mußte am Eric Carle 's Kinderbuch denken, dass ich den Kleinen so häufig vorgelesen habe. Ich half ihm den Weg nach draußen zu finden und schlief dann auch.
Die nächste Etappe führte mich nach Schönfeld, wo ich Schlossherrin sein wollte. Dich als ich in der Kemmenate saß und mir die versifften Matratzen und das Hundenapf- große Waschbecken anschaute, war ich eine traurige Prinzessin. Warum soll ich meinen Körper vernachlässigen, wenn ich ihm gerade Höchstleistungen abfordere? Warum meint man Pilger sind Schweine?
Jede Maschine die wir ständig benutzen, pflegen wir doch! Also auch meinen Körper! Ich griff zum Telefon, um mir im Ort in einer Pension ein Zimmer zu nehmen. Ich bekam eine Zusage zum Pilgerpreishttps://www.facebook.com/ von 10€ und eilte hin. Als ich ankam begann die Zeitreise ins Jahr 1970. Sprelacartschrank, alter Hocker,kleiner Tisch, kaputter Badschrank ABER eine heiße Dusche. Da ich keine Hausstauballergie habe, habe ich die Nacht gut überstanden und bin nach Skassa gelaufen. Dort fand ich freundliche Aufnahme bei Pfarrer Göpfert. Im Pfarrgarten machte uchverst einmal ein Fussbad im Eimer, denn meine Füße sind fett und heiß gelaufen! Dann besuchte mich Hartmut Landgraf, der mit mir über das Pilgern plauderte. Er ist Journalist und hat sich mit einem Internetmagazin zum Wandern im Allgemeinen und in der Sächsischen Schweiz im Besonderen selbstständig gemacht und will nächsten Freitag ein Porträt veröffentlichen ( sandsteinblogger.de). Er verriet mir Pilgerlektion drei: Wanderschuhe nach Gebrauch ans offene Fenster stellen und Einlegesohlen entfernen zum Lüften.
Abends hatte ich dann zum Essen auch Familienanschluss, was ich als sehr bereichernd empfand. Wir unterhielten uns u.a. über die Möglichkeit der Kirchgemeinde im ländlichen Raum Jugendarbeit zu gestalten, da dass Problem der Entfernung immer da ist.
Am Morgen frühstückten wir noch gemeinsam und dann holte mich Ines ab, welche mir die Einsamkeit auf der Etappe nach Strehla vertreiben wollte. Wie immer schnatterten und gackerten wir wie die jungen Hühner und haben nach der ersten Muschel nicht mehr auf den Weg geachtet und sind abwegig geworden. In Nünchritz waren wir falsch und haben eine Kurskorrektur vorgenommen. Die Picknickpause war von Ines liebevoll vorbereitet. So gab es neben Erdbeeren, Tomaten, Käse, Brötchen und Schokoriegel auch für jeden eine Piccolo Sekt. Damit stießen wir auf unsere Weiberfreundschaft an. Wunderbar. Danach erlebten wir ein skurriles Pilgerabenteuer, was ich mir auch nur mit Ines getraut habe. "Rast im Knast" in der JVA Zeithain. Wir überlegten noch, ob wir reingehen, als  der Erste uns  mit :" Ich bin der Ronny aus dem offenen Vollzug. Darf ich euch unsere Pilgeroase zeigen?" ansprach.Da gab es kein Zurück. Ich finde es ist ein mutiges Projekt, welches erst vor zwei Wochen an den Start gegangen ist. Aber allein hätte ich mich nicht getraut, denn in der ganzen Zeit habe ich keinen einzigen Bediensteten gesehen und wir waren mit mehreren Insassen im Gespräch. Abends hatte ich eine wirklich super ausgestattete und saubere Pilgerherberge für mich allein und habe meinen müden, dicken Füßen Pause gegönnt. Als ich etwas verzweifelt in meinen Rucksack gesucht habe, fand ich ein hübsches Lederarmband. Das sind die Überraschungen am Weg. Danke, liebe Agata, dass du so an mich denkst!?
Die heutige Etappe ging dann über Lampertswalde, wo nur die Pilgerkapelle geöffnet war nach Dahlen. 14 Uhr war der Ort wie ausgestorben und ich habe nur den Sackhüpfer und den Marktplatz besichtigt, um nach Börln zu laufen, wo es eine einfache Pilgerunterkunft gibt. Im hießigen Eiscafe habe ich mir Streuselkuchen zum Abendessen und fürs Frühstück gekauft, denn es gibt keine Kneipe und der Bäcker hat Montags zu.
Wenn meine Füße nicht so strapaziert wären, weil ich nicht wissen konnte, dass sie so anschwellen bei täglichem Wandern, wäre Pilgern ein Sonntagsspaziergang. So werde ich aber in Wurzen oder Leipzig im Sportgeschäft einen Boxenstopp einlegen, um die " Reifen" zu wechseln. Ja und die erste Tube Pferdebalsam ist auch alle!
Ultrea!
Bruni, die Pilgerin





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