Am Morgen scheint die Sonne und der Tag beginnt mit 12°C, einer angenehmen Temperatur.
Wir frühstücken in einer Bar und als wir starten und ich den blauen Himmel sehe, singe ich los: Guten Morgen, guten Morgen, guten Morgen Sonnenschein...Marc macht sein Handy an und sucht den Titel, dann steppen wir die Straße entlang und haben gute Laune.
Der Weg beginnt angenehm mit Feld- und Waldwegen durch eine grüne Natur. Ich erfreue mich an den breiten Blühstreifen an den Wegen.
Nach ca.3 km ist die Freude vorbei und die harte Realität in Form von Asphalt holt uns ein.
Zum Glück kommt nach weiteren 2 km eine Bar, wo es den 2. Kaffee gibt.
Der Asphalt bleibt uns heute erhalten. Manchmal mit Schatten, viel ohne Schatten.
Es geht durch kleine Dörfer und der Blick gleitet immer wieder in die grünen Hügelketten rechts und links der Straße.
In Sendelle ist die Kirche Santa Maria geöffnet und ein Hospitalero zeigt stolz die seltenen Fresken.
Ein Stück weiter haben es sich Marc, Marvin und Benjamin im Schatten einer Wiese gemütlich gemacht und gemeinsam mit Heinz machen wir eine Fotosession.
Es geht weiter an der Straße entlang, der Wind fehlt heute und die Temperaturen steigen erstmalig auf über 25°C. Endlich finden wir einen Bach, indem wir unsere heißen Füße kühlen können.
Nach 22 km kommen wir in Arzúa an und kommen zur privaten Herberge " Ultreia". Ein " Clara con Zitrone" ( so heißt Radler auf spanisch, wie ich gelernt habe, obwohl Radler auch jeder versteht) habe ich jetzt verdient. Dann checken wir ein, duschen und schmeißen unsere Wäsche mal wieder in die Waschmaschine,damit wir in Santiago saubere Pilger sind.
Nur für ein Eis verlassen wir die Herberge und stellen fest, dass der Ort nichts außer Pilger- Infrastruktur hat und sehr hässlich ist.
Abends gehen wir gegenüber essen, bestaunen die Pilger, die hier die Straßen und Restaurants füllen und hören die Geschichten vom Pilgertross.
Es soll morgen warm werden und so beschließen wir früh zu starten, um dem Stress und der Hitze zu entgehen.
5:30 Uhr stehen wir auf und 6:15 Uhr auf der Straße. 12°C zeigt das Thermometer an der Apotheke. Die Straßenbeleuchtung erhellt uns den Weg und wir ziehen los. Einige, weniger Pilger überholen wir in den ersten Kilometern und der Sonnenaufgang ist in unseren Rücken wunderschön. Wir drehen uns immer wieder um und freuen uns allein zu laufen, den Weg für uns zu haben und unseren Gedanken folgen zu können.
Nach zwei Stunden bei Kilometer 11 finden wir eine offene Bar und frühstücken ausgiebig. Ab jetzt wollen alle etwas verdienen, das merke ich, als ich das Frühstück bezahle. Es kostet fast doppelt so viel, wie die Tage davor.
Aufkleber- Camino
Wir reden, teilen unsere Gedanken und verpassen mal wieder einen Abzweig. Peinlich ist, dass uns ein anderer Pilger vertrauensselig hinterher läuft. Wir finden eine Forstschneise, die uns zurück auf den Weg bringt.
Wir singen ein paar Liedchen, sind super gelaunt und als ich den 25 km- Stein sehe, denke ich, eigentlich könnten wir das durchlaufen. Das würden wir schaffen. Doch, genauso wie beim ersten Mal, denke ich nein, warum kaputt und fertig in Santiago ankommen, wenn noch Zeit zum Ankommen ist.
Wir kommen sehr relaxed in unsere Herberge an, checken ein, erledigen die Routine und dann...
...geht es ins kühle Nass! Jetzt ist mir klar, warum ich meinen Badeanzug über 800 km im Rucksack mitgeschleppt habe. Für den perfekten Moment!
Die Herberge ist sehr schön und von unserem Balkon aus können wir die Pilgerströme beobachten. Es ist schon faszinierend zu sehen, wie die Pilger ankommen. Marc meint: am Gang und Gepäck kann man die Kategorien finden, doch ich denke, jeder geht seinen Camino so wie er kann und will. Lieber ohne Gepäck, als auf der Couch versauert. Mich fasziniert immer wieder, warum Menschen den Weg gehen und gefühlt 90% haben neben dem Rucksack noch ein anderes Päckchen zu tragen, dass hoffentlich leichter geworden ist.
Bei unserem Frühstück hat mir Valentin ganz kurz seine Geschichte erzählt und ich war berührt. Nicht nur, weil er von der Entscheidung für den Camino bis zum Start nur 3 Tage gebraucht hat, sondern, dass er sich verändert hat und sein Problem erkannt und gelöst hat. Gratulation! Das kann der Camino und ich wünsche mir, dass es viele schaffen. ( Der Weg spart wahrscheinlich den Therapeuten.)
Ich selbst bin ganz entspannt und auch unaufgeregt, denn für mich ist Santiago diesmal nicht das Endziel und auch nicht Finisterre. Ich bin noch im Laufmodus und werde weiter ziehen.
Denn....
...das fand ich inspirierend.
Wir gehen durch den Ort, indem eine Pilgerherbergen an die andere gereiht ist und ein Café nach dem Nächsten kommt. Wir gehen in eine Nebenstraße, in ein Restaurant und setzen uns an einen freien Tisch. Der Kellner gibt uns zu verstehen, dass er keinen Platz für uns hat, obwohl der Tisch frei ist. Auf die Frage nach dem Grund, wedelt er mit der Hand und verweist uns auf die Hauptstraße. Völlig unverständlich verlassen wir das Restaurant, weil es keinen Sinn macht zu diskutieren.
Bei Google finden wir den " Biergarten- Bar "Km19 " und sind gut aufgehoben. Ich bekomme ohne große Umstände ein "Menü Del Dia" auf vegetarischer Basis und bin total Happy als ich nach dem Salat ein Teller mit Grillgemüse bekomme. Geht doch, es läuft! Der Nachtisch ist auch sehr lecker und auch der Kaffee ist inklusive.
Danach hängen wir am Pool ab und stellen fest, das Pilgern gerade " sehr anstrengend " ist. Drei spanische Mädels sitzen am Poolrand und als ich reingehe, meinen sie, es sei zu kalt. Ich bin da anderer Meinung. Ich genieße es, andere Muskeln zu benutzen und die Rückenmuskulatur zu entspannen und so ziehe ich meine Bahnen- 15 Schwimmzüge gibt das Becken her. Grandios.
Bei den Jungs geht der Testosteron- Spiegel hoch und sie übertrumpfen sich mit Sprüngen ins Nass. Danach ist Wetttauchen angesagt. Ich freue mich, dass der Raucher, der auch gut dabei ist, mit 3 Bahnen gewinnt. Es ist wie früher im Schwimmbad.
Ich fühle mich frisch und erholt und freue mich auf morgen. Mittags wollen wir in Santiago sein.
Über dieses Special muss ich ( nicht) nachdenken😅
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen